Essen. Der letzte Wunsch eines verstorbenen Dortmunder Jungen hat für Diskussionen gesorgt. Auch in Essen wünschen sich viele Menschen ungewöhnliche Grabstätten. Pfarrer und Steinmetze müssen diese Wünsche und die Vorschriften in Einklang bringen - und manchmal auch Angehörige enttäuschen.

Ein unschöner Streit um das Grab eines kleinen Jungen hat dieser Tage bundesweit für Empörung gesorgt. Doch das Abwägen zwischen ungewöhnlichen Gestaltungswünschen der Angehörigen und den Friedhofssatzungen erleben Pfarrer und Steinmetze immer wieder.

Jens Pascal aus Dortmund, der mit neun Jahren an einem Hirntumor starb, wünschte sich als BVB-Fan das Vereinslogo und einen Ball auf seinem Grab. Den konfessionslosen Eltern war der Wunsch ihres Sohnes heilig, die Kirchengemeinde verlangte ein christliches Symbol. Nach einem öffentlich ausgetragenen Streit werden nun BVB-Logo und Taube an der Stele angebracht.

„Wie würden Sie in einer solchen Situation handeln?“, die Frage, will Essens katholischer Stadtdechant Jürgen Cleve demnächst angehenden Pfarrern vorlegen. Der Kirchenrechtler will damit auf ein Dilemma aufmerksam machen: „In der rechtlichen Frage verbirgt sich ein seelsorgerisches Anliegen.“ Anders gesagt: Der Kirchenvorstand in Dortmund hätte das Gespräch mit den trauernden Eltern suchen sollen.

Anonyme Gräber hier - und Selbstinszenierung dort

Doch Cleve sagt auch: „Die Kirche ist nicht bloß ein Dienstleister, der einen Raum ohne eigenen Charakter zur Verfügung stellt. Katholische Friedhöfe legen Wert auf christliche Symbole als Ausdruck des Glaubens.“ Friedhofssatzungen bewahrten die Kultur christlicher Bestattungen, sie seien daher vom Bischof abgesegnet. Daneben prüfe die Bezirksregierung das Regelwerk: „Damit die Kirche nicht über Gebühr Forderungen formuliert.“

Für Cleve steht damit fest, dass die Kirche gute Argumente habe: „Sie hätte sie nur besser erklären müssen, gerade in einem so hochemotionalen Fall.“ Er halte nichts von überbordender Selbstinszenierung, doch es gebe ja heute auch den gegenläufigen Trend zu anonymen Bestattungen. Da müsse man erstmal über jeden froh sein, der ein persönliches Grab wünsche. „Ich habe schon mal einen RWE-Fan in einer Fußball-Urne begraben. Die war dann ja nicht mehr sichtbar.“

Der evangelische Pfarrer Andreas Volke aus Rellinghausen hat sogar mal eine Schnapsflasche mit beerdigt und empfiehlt gegenüber den Trauernden großzügig zu sein statt sie zu verprellen. „Im Gespräch rate ich ihnen trotzdem zu Schlichtheit.“ Ein extravagantes Grab sei meist gar keine gute Bewältigungsstrategie, sondern verlängere die Trauer noch. Im übrigen verenge sie die geliebte Person auf eine Eigenschaft, ein Hobby. „Man sollte sich nicht an Äußeres halten, sondern eine große Weite im Herzen haben.“

Ein tiefes Bedürfnis

Dass Eltern, die ihr Kind verloren haben, ein Grab mit mehr Farbe, mit Schmuck und Spielzeug wünschen, kann Volke gut verstehen. Hierfür gebe es ein tiefes Bedürfnis, das sehe man etwa auf dem bunten Kindergräberfeld auf dem Südwestfriedhof. „Das kann ein Trost sein in unendlichem Schmerz.“

Es gebe auch Friedhöfe, die keinen Teddy auf dem Kindergrab dulden, weiß Steinmetzmeister Reinhard Peters. „Jeder Friedhof hat Vorschriften, kommunale wie konfessionelle.“ Er habe erlebt, dass drei Ginkgo-Blätter als Symbol der Dreifaltigkeit akzeptiert worden seien. Er habe Fotos der Verstorbenen, CD oder Sportwagen abgebildet – und den Tank eines Motorrads in einen Grabstein eingebaut. „Der junge Mann war mit der Maschine verunglückt.“ Ihm gehe es darum, Wünsche der Familie und Satzungen in Einklang zu bringen. „Aber eins sage ich in aller Klarheit: Wer kein christliches Symbol will, der sollte einen anderen Friedhof wählen.“

Auch Pfau und Pelikan gelten als christliche Symbole

Unlösbare Probleme mit der Gestaltung einer Grabstätte hat Pfarrer Wolfgang Haberla von der katholischen Gemeinde St. Josef in Frintrop noch nicht erlebt. „Das einzige, was bei einem kirchlichem Friedhof wie unserem unabdingbar ist, ist ein christliches Symbol auf dem Grabstein.“ Schon wer das Sterbedatum gravieren lasse und mit einem Kreuz versehe, habe dem Genüge getan.

„Es gibt bekannte Motive wie Brot, Wein, Lamm, Taube und Fisch und unbekanntere wie das immergrüne Efeu oder die Mistel, die für das ewige Leben stehen oder das Auge, das die Allgegenwart Gottes symbolisiert.“ Die Biene, die aus dem Bienenstock fliegt, symbolisiere Leben, das aus dem Tod entsteht. 170 Seiten hat ein Buch der Bundesinnung der Steinmetze mit solchen Motiven. „Da finden sich Pelikan, Pfau, Schnecke, Knoten, Rose, Samenkorn, Engel – und Teufel“, zählt Haberla auf. Ein Ball sei nicht dabei – aber ein Kreis.