Essen. Die Essener verbrauchen immer weniger Wasser, weil sie Geld sparen wollen. Allerdings könnte dieses Umweltbewusstsein auch nach hinten losgehen, und die Wasserpreise weiter in die Höhe treiben. Der Ausweg könnte lauten: Wasserverschwendung zahlt sich aus.

Bei den Stadtwerken Essen schließt man nicht aus, dass es bald Trinkwassertarife geben könnte, die strikte Sparer eher bestrafen und höhere Verbräuche tendenziell belohnen. „Das ist eine Frage, der wir uns in Zukunft stellen müssen“, sagte Stadtwerke-Sprecher Dirk Pomplun. In Essens Nachbarstädten Mülheim, Oberhausen, Bottrop und Gladbeck gibt es so etwas bereits. Dort hat der Versorger RWW Anfang 2012 die Tarifstruktur entsprechend umgestellt. Nur noch 50 und nicht mehr 80 Prozent sind jetzt verbrauchsabhängig. Die restlichen 50 Prozent sind ein Systempreis, dessen Bemessungsgrundlage die Wohneinheit ist.

Ob die neue Tarifstruktur bereits zu einem höheren Verbrauch führt, konnte ein RWW-Sprecher noch nicht sagen. „Klar ist aber, dass wir den Trinkwasserpreis besser an unsere Kostenstruktur angepasst haben, und nicht jedes Jahr die Preise erhöhen müssen.“

In Essen ist es nicht anders als im RWW-Gebiet: 80 Prozent des Trinkwasserpreises sind Fixkosten. Das sind feste Kosten, die für den Betrieb und die Instandhaltung des Wassernetzes anfallen - egal ob wenige Liter durch die Leitungen laufen oder wie im Falle von Essen 34 Millionen Kubikmeter im Jahr.

Netz für mehr Einwohner ausgelegt

Allerdings ist das 1800 Kilometer lange Essener Trinkwassernetz, das großteils aus den 50er und 60er Jahren stammt, vor allem auf deutlich mehr Einwohner ausgelegt, als heute in der Revierstadt leben. Das Problem verschärft sich, je weniger die Essener Wasser verbrauchen.

Die Instandhaltung des Trinkwassernetzes in Essen verschlingt jedes Jahr Millionen. Vergangenes Jahr waren es 14 Millionen Euro. Hinzu kommt noch die laufende Sanierung der Wasseraufbereitungsanlagen in Überruhr und Horst für 55 Millionen Euro. „Diese Investitionen werden sich sehr zeitnah im Wasserpreis wiederfinden“, kündigt Pomplun an.

Der geringere Wasserverbrauch habe zudem negative Auswirkungen auf das Abwassernetz. Weniger Frischwasser, das die Kanäle spült, schädige das Rohrsystem schneller. Zudem stiegen die Kosten, weil der Kanal häufiger gespült werden müsse. Zwar versuchen die Stadtwerke das Netz an die heutigen Bedürfnisse anzupassen - beispielsweise durch kleinere Rohrdurchmesser - aber auch das habe Grenzen, so Pomplun. Denn das Kanalnetz müsse auch starke Regenfälle aufnehmen können.