Essen. . Die RAG Montan Immobilien AG und die Stadt Essen haben architektonische Ideen für das Areal im Schatten der Koksofen-Batterie auf Zollverein schmieden lassen. Dort sollen sich Gewerbetreibende und Kreative ansiedeln. Ab Ende kommenden Jahres soll der Bau beginnen.

Eine Immobilie als „seltene Chance für Nutzer mit Sinn für das Besondere“, na toll: Wenn Makler einem mit solchen Sprüchen kommen, rollen die Nutzer meistens schon mit den Augen. Das Besondere liegt dann nämlich nicht selten darin, dass das Objekt den einen oder anderen gewaltigen Haken hat, und ein bisschen ist das auch auf Zollverein so.

Ja, verkehrlich liegt die südliche, die so genannte „weiße Seite“, nicht besonders günstig, das räumt Professor Hans-Peter Noll schon ein. Und klassische Büronutzer, das weiß der Chef der RAG Immobilien AG genau, wird er für diese Insellage im hohen Essener Norden wohl auch nicht gewinnen können.

Vom kleinen Büro bis zur Unternehmenszentrale

Was den Herrn über tausende Hektar Bergbaubrachen dennoch so optimistisch sein lässt, das ist „diese Adresse, diese Kulisse, die wir anbieten können“: „Im Welterbe 9-24“, so lautet die Anschrift im Schatten der gewaltigen Koksofenbatterie, für die die RAG-Tochter ab Herbst 2013 Nutzer gewinnen will – vom kleineren Büro bis zur Unternehmenszentrale ist alles möglich.

Damit es auf dem rund 3,6 Hektar (etwa sieben Fußballplätze) großen ruppig-industriellen Stück Weltkulturerbe der Kokerei nicht allzu viel baulichen Wildwuchs gibt, hat die RAG Montan Immobilien AG gemeinsam mit der Stadt im Anschluss an die noch laufende Bodensanierung architektonische Ideen geschmiedet.

Besser: schmieden lassen. Vier Büros waren, moderiert vom Dortmunder Planungsbüro scheuvens + wachten, an diesem so genannten Werkstattverfahren beteiligt – Dietrich/Untrifaller aus Dortmund, Schulz & Schulz aus Leipzig, Jürgen Bahl aus Hagen und HPP aus Düsseldorf suchten und fanden gemeinsam eine zurückhaltende Architektur, die sich – wie schon die erst kürzlich bezogene Unternehmenszentrale von RAG Montan Immobilien – bescheiden der schieren Wucht der Industrieanlage unterordnet.

Baubeginn für Ende kommenden Jahres angedacht

Kernelement ist ein so genanntes „Ziehharmonika-Gebäude“, das sich modulhaft (aus)bauen lässt und zusammen mit einem anderen Komplex samt auskragendem Glasgeschoss dennoch zum Hingucker wird: „Wolkenbügel“ heißt letzteres Vorhaben in aller Unbescheidenheit.

Rund 35.000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche lassen sich auf dem Neubau-Areal der Kokerei Zollverein entwickeln, für das im Rahmen der Münchner Gewerbeimmobilienmesse „Expo Real“ die Vermarktung gestartet wurde. Entsprechenden Zuspruch der Nutzer vorausgesetzt, könnte schon Ende kommenden Jahres Baubeginn sein. Allzu forsch ins Risiko gehen will die RAG Montan Immobilen, die als Bauherr auftreten und die Büroflächen vermieten will, allerdings nicht: Gebaut werden nur Bauten, für die es verbindliche Nutzungsverträge gibt, das ist so üblich in einer zunehmend vorsichtigen Branche.

Und auch die Entwürfe sind nicht in Stein gemeißelt: „Die Lebenserfahrung sagt einem, dass es noch Änderungen geben wird“, sagt RAG Montan Immobilien-Chef Professor Noll, in dessen Hochglanzprospekt die Werber ganze Arbeit geleistet haben: „Rare Filetstücke für Gewerbetreibende und Kreative“ verspricht man dort, und „Neues Leben in der Kathedrale der Montanindustrie“. Standortliebe, die durch den Magen und die Seele geht also. Was ganz Besonderes eben.