Essen.

Geradezu hymnische Kritiken kann sich das Aalto-Theater nach der Premiere von „Pelléas et Mélisande“ am Samstag an die Wände hängen. Das dickste Lob geht regelmäßig an Generalmusikdirektor Stefan Soltesz am Pult der Philharmoniker und ist erkennbar auch der Tatsache geschuldet, dass die Kritiker in der letzten Soltesz-Saison am Aalto auch seine Gesamtleistung in Essen zu würdigen beginnen.

Debussys einziges Musikbühnenstück wird nicht ohne Grund so selten aufgeführt. Das extrem verrätselte lyrische Drama hat wenig Text, kaum Handlung und noch weniger Melodien: Die Musik webt einen für das Orchester schwierig zu spielenden Klangteppich. Also: Sonderpunkt für Mut an alle Agierenden von den Kritikern.

„Solch existenzieller Solipsismus ist schwer zu ertragen und noch schwerer zu inszenieren“, schreibt Christian Wildhagen in der FAZ. Aber die Essener Inszenierung funktioniert: „Auch als Zuschauer empfindet man plötzlich ganz neu, was ein Blick, ein Abwenden des Kopfes, eine bloße Handbewegung auslösen können - so sehr teilt sich die aufs Innerste gerichtete Subtilität dieses Kammerspiels dem Betrachter mit. Eine großartige, aber auch tief beunruhigende Sensibilisierung.“

Gewaltige künstlerische Aufbauarbeit

Wildhagen lobt das „wunderbar harmonierende Ensemble“ und Nikolaus Lehnhoffs Inszenierung, doch seine Stars sind die Musiker und ihr Maestro: „Beeindruckend, welche Abstufungen die Essener Musiker allein im Pianissimo kennen.“ Und: „Ein Beleg für die gewaltige künstlerische Aufbauarbeit, die Soltesz in seinen nunmehr 15 Jahren in Essen geleistet hat.“

„Mustergültig“ nennt Manuel Brug in der „Welt“ die Essener Inszenierung; „Das souveräne, individuelle Dirigat, die unaufdringliche, aber deutliche Regie des Altmeister Nikolaus Lehnhoff, Olaf Freeses zauberisches Licht, die diskrete, aber raffinierte Ausstattung sowie ein exquisites Sängerensemble machen diese Produktion zum Vorzeigebeispiel eines mittelgroßen Hauses. Hier werden keine Deutungswände eingerannt, hier nimmt sich keiner zu wichtig - und bereitet dem Publikum uneingeschränkt Vergnügen.“

„Eine seiner bestenLeistungen überhaupt“

Noch mehr Lob für Soltesz kommt von Wolfram Goertz in der „Rheinischen Post“: „Stefan Soltesz gelingt am Pult der exzellenten Essener Philharmoniker eine seiner besten Leistungen überhaupt: eine Feier der Nuance, ohne die dramatischen Konsequenzen zu dimmen.“