Essen. . Straßen.NRW hat sein Versprechen gehalten – und gibt die A 40 wieder frei. Viele Essener werden sich über das Ende der dreimonatigen Bauzeit freuen.

Nein, auf alte Holzdecken sind sie nicht gestoßen. Aber natürlich bergen alte Autobahnen wie die A 40, alte Betonkonstruktionen wie die Helbingbrücken, immer ein Risiko. Bauingenieur Rainer Martensen kennt die kleinen Sanierungs-Tücken. Als einer von vier Bauüberwachern von Straßen.NRW war das Innenstadt-Teilstück der A 40 drei Monate lang so etwas wie sein zweites Zuhause.

Manchmal auch sein erstes: „Nee, so eine Baustelle habe ich noch nie erlebt.“ Aber, komischerweise, „Angst, dass wir das nicht schaffen, die hatte ich nie“. Und als die Eisenbahnbrücke abgerissen war, die ersten neuen Fertigbauteile lagen, „da war ich mir sicher, dass es klappt“. Tatsächlich: Spätestens in der Nacht zum Montag, vielleicht aber schon am morgigen Sonntag, am Nachmittag oder am Abend, wenn das Wetter mitspielt und die Fahrbahn-Markierer die letzten Linien gezogen haben, wird die Sperrung abschnittsweise aufgehoben.

In der Nacht zum Montag verschwinden auch die innerstädtischen Markierungen für die Umleitung, die Ampeln schalten wieder auf Normalzeit – Ende eines 20 Millionen Euro schweren, bundesweit einmaligen Pilotprojekts, das den Essenern eine 21-monatige Leidenszeit ersparte, dem Bundesverkehrsminister zwei Millionen Euro und einen geschätzten volkswirtschaftlichen Schaden von weiteren drei Millionen Euro verhinderte. Das sagen jedenfalls Ralf Pagenkopf, Geschäftsführer von Straßen.NRW, und Michael Groschek, NRW-Verkehrsminister.

Die Freude darüber, „3 statt 24“ sauber bewältigt zu haben, pannenfrei und vor allem ohne das von vielen prophezeite Verkehrs-Chaos vor den Absperr-Baken und in der Essener Innenstadt, ist beiden anzumerken. Michael Groschek will seinen Verkehrsminister-Kollegen kommende Woche ausführlich Bericht erstatten, das Interesse sei groß, und auch Bundesverkehrsminister Ramsauer werde er das Modell auf der Ministerkonferenz empfehlen, jedenfalls dort, wo es umsetzbar ist: „Das ist natürlich nicht beliebig kopierbar.“ Bereits bei der geplanten Sanierung der A 59 im Duisburger Hafenbereich hat Straßen.NRW-Chef Pagenkopf einige Zweifel, ob eine Vollsperrung der richtige Weg ist: „Das innerstädtische Netz verläuft nicht so ideal wie in Essen.“

Das kann man wohl sagen: Zwar hat es rund sieben Prozent mehr an Staus gegeben, „aber die haben sich in deutlich kürzerer Zeit wieder aufgelöst“, sagt Anja Estel, die für Straßen.NRW die Verkehrsströme beobachtet. Die Ampelschaltung auf der Essener Umleitungsstrecke habe einfach gepasst, der Verkehr sei ohne Probleme abgeflossen. Ein Lob, das Oberbürgermeister Reinhard Paß gerne zurück gibt: „Die Zusammenarbeit war wirklich reibungslos.“ Nein, auf die drei Monate zu setzen, statt auf „monatelanges Siechtum“ sei klar der bessere Weg gewesen, selbst der zuvor so kritische Einzelhandel erkenne dies lobend an.

Überhaupt die Kritiker, die im Vorfeld der Vollsperrung wohl auch Michael Groschek verärgert hatten. Ihnen gibt er mit auf den Weg, dass NRW hier „kein Wagnis, kein Experiment eingegangen ist, sondern Handwerk gut ausgeführt hat“.

270 Prozent mehr Schwerverkehr

So schön die dreimonatige Bauzeit ganz offensichtlich für alle Beteiligten war, noch schöner ist offensichtlich für alle eine nun wieder freie A 40 bei Essen. Und außer der Tatsache, dieses Modell in der Verkehrsminister-Runde zu empfehlen, aber nur dort, wo es in einem ähnlichen Rahmen ablaufen könne, wird das Projekt „3 statt 24“ sonst keine weiteren Folgen haben. Beispiel Lkw-Verkehr: Wenn er denn wieder über die A 40 fahren will – bitte sehr.

„Die A 40 ist eine Bundesstraße, und das soll in unser aller Interesse auch so bleiben“, sagt NRW-Verkehrsminister Michael Groschek, „wir wollen hier keine Kreisstraße“. Auch bei den zweispurigen Auf- und Abfahrten am Kreuz Essen-Ost rudert Groschek nach Gesprächen mit den Verkehrsexperten zurück: „Schwierig.“ Straßen.NRW hat bereits abgewunken, die Fahrstreifen seien zu eng.

Und natürlich dürften sich auch die meisten Essener über das Ende der Vollsperrung freuen: Angefangen bei den Anwohnern der Kronprinzen- und Hohenzollernstraße, die beim Schwerverkehr einen Zuwachs von gut 270 Prozent zu verkraften hatten. Ganz zu schweigen von der dicken Luft.

Überhaupt der Schwerverkehr: Auf der Friedrich-Ebert-Straße betrug der Zuwachs satte 165 Prozent, auf der Hatzper Straße beispielsweise Richtung Mülheim zwischen 65 und 91 Prozent. Anja Estel, von der Abteilung Telematik bei Straßen.NRW, hat auf der Herzogstraße einen Zuwachs von 41 Prozent festgestellt, auf der Gladbecker Straße gerade noch von maximal 20 Prozent: „Das bezieht sich aber nicht auf beide Fahrtrichtungen, es gibt da auch Schwankungen.“ Trotz der zum Teil erstaunlichen Werte – den Verkehrsfluss hat’s nicht so sehr gestört.

Was nun noch bis zur Freigabe der Autobahn spätestens am Montag zu tun ist? „Die Fahrbahn-Markierungen fehlen noch, dazu ein paar Teile an den Lärmschutzwänden, einige Dichtungen und natürlich werden wir den Tunnel reinigen“, sagt Projektleiterin Annegret Schaber. In vier Wochen, dies hat sie mit der Stadt vereinbart, sind die letzten Umleitungsschilder aus dem Stadtgebiet verschwunden – insgesamt sind es mehrere in und um Essen. Selbst zwei ziemlich verbeulte große Autobahn-Schilder kurz hinterm Tunnel sollen am Sonntag noch ausgetauscht werden. Gegen eines ist gleich am ersten Bautag ein Bagger gekracht. Das fängt ja gut an, dachte sich da noch Bauüberwacher Rainer Martensen. Und jetzt hört’s gut auf.

A40 bald wieder frei

weitere Videos