Essen. Ab Februar 2013 verschwinden alle Referendare gleichzeitig in die Prüfungs-Phase. Folge der verkürzten Lehrerausbildung durch die Umstellung auf Bachelor- und Master-Studium. An vielen weiterführenden Schulen in Essen droht deshalb Unterrichtsausfall.
Eine neue Prüfungsverordnung stellt die Essener Schulen in einigen Wochen vor erhebliche Herausforderungen bei der Organisation der Stundenpläne. Es droht Unterrichtsausfall vor allem bei den weiterführenden Schulen. „Es ist“, sagt die Leiterin eines Gymnasiums, „totaler Mist.“
Erstmals gehen die meisten der Referendare mitten im Schuljahr in ihre Prüfungsphase, müssen Abschluss-Klausuren schreiben – und sind somit von heute auf morgen nicht mehr als Lehrkräfte einzusetzen. In der Vergangenheit begannen Prüfungsphasen für die Essener Lehramts-Anwärter stets nach Ende eines Schuljahres.
Ende Januar wird es so weit sein, wenn das erste Halbjahr endet. An den weiterführenden Schulen gibt es im Schnitt acht Referendare pro Haus, jeder gibt neun Wochenstunden sogenannten „Bedarfsdeckenden Unterricht“ - und wird somit als veritable Lehrkraft eingesetzt. Die Stunden, die dann wegfallen, müssen die Schulen mit Bordmitteln ersetzen.
„Es ist zum ersten Mal, dass sich die neue Prüfungsordnung für Lehramts-Anwärter so massiv auswirkt“, erklärt Sibylle Serong, die Leiterin des Studienseminars in Essen. An der Hindenburgstraße werden derzeit rund 550 junge Referendare theoretisch ausgebildet. Ihren Praxis-Teil absolvieren die meisten von ihnen an Essener Schulen.
Schulen kämpfen mit Personal-Engpässen
Früher dauerte das Referendariat zwei Jahre. Mit Einführung des Bachelor-/Master-Systems an den Unis wurde die Zeit auf 18 Monate verkürzt. Diese Verkürzung führt jetzt zu einer Lücke beim „Bedarfsdeckenden Unterricht“ ab Januar 2013. Neue Referendare, die Unterricht geben, kommen erst nach den Sommerferien an die Schulen. „Das ist ein Geburtsfehler der neuen Prüfungsordnung, wir haben darauf immer hingewiesen“, sagt Martin Tenhaven, der Leiter des Altenessener Leibniz-Gymnasiums.
Schon jetzt haben einige Schulen mit massiven Engpässen beim Personal zu kämpfen – in Kettwig etwa, am Theodor-Heuss-Gymnasium, sind sechs Kolleginnen gleichzeitig schwanger. Dort ruft mittlerweile auch die Schulpflegschaft auf, sich an der aktiven Suche nach geeigneten Vertretungskräften zu beteiligen.
„Da rennt man sich die Hacken ab“
Am Gymnasium Überruhr erinnert sich Leiterin Gabriele von Heymann an „sieben bis acht Kollegen, die gleichzeitig fehlten“, alle konnten aber durch Vertretungskräfte ersetzt werden. „Da rennt man sich die Hacken ab.“ Ansonsten würden nur „langfristige Planung“ helfen und immer wieder Anträge auf „flexible Mittel“, also Geld der Landesregierung, um damit Zeitverträge für Vertretungskräfte zu bezahlen.
Dass Referendare mittlerweile ordentliche Mengen an eigenem Unterricht geben, obwohl sie ja eigentlich noch in der Ausbildung sind, „ist zwar üblich, aber aus unserer Sicht nicht wünschenswert“, betont Sybille Serong vom Essener Studienseminar.