Essen. . 300 der 450 Dauercamper sind Essener auch mit ihrem Hauptwohnsitz. Und müssen die Zweitwohnungssteuer für ihr mobiles Zuhause selbst dann berappen, wenn in der kalten und nassen Jahreszeit das Vorzelt eingepackt ist. Das muss künftig nicht so bleiben.
Eine Steuerpflicht mit Beträgen zwischen 29 und 85 Euro im Jahr – das ist nichts, wofür es sich groß zu streiten lohnt, könnte mancher meinen. Doch seit die Stadt die so genannte Zweitwohnungssteuer vor 16 Jahren einführte, ist auch der Kreis all jener umstritten, die diese Abgabe entrichten müssen. Erfunden, um auch jene Bürger an den Kosten der örtlichen Infrastruktur zu beteiligen, die zwischen Karnap und Kettwig ihren Zweitwohnsitz haben, kassiert das Steueramt seit zehn Jahren auch bei den Dauer-Campern ab. Die stellen nahezu jeden dritten der knapp 1500 Steuerpflichtigen.
Angesichts der oben aufgeführten Klein(st)-Beträge wurden sie zwar nicht unbedingt arm dabei, fühlten sich aber umso ungerechter behandelt. Denn immerhin 300 der 450 Dauercamper sind Essener auch mit ihrem Hauptwohnsitz. Und müssen die Zweitwohnungssteuer für ihr mobiles Zuhause selbst dann berappen, wenn in der kalten und nassen Jahreszeit das Vorzelt eingepackt und die Wohnwagen zum Überwintern auf höher gelegenen Wiesen zusammengepfercht werden.
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„Geht nicht anders“, hieß es bislang von Seiten des Rechtsamtes, das achselzuckend auf die melderechtlichen Vorschriften verwies. Und das sich jedes Mal dann bestätigt sah, wenn beim Verwaltungsgericht in Gelsenkirchen wieder ein Camper mit dem Wunsch nach Steuerbefreiung abblitzte.
„Geht ja doch“, so muss sich die Stadt in diesen Tagen etwas kleinlaut korrigieren, nachdem die SPD im Juni darauf verwies, andere Städte wie Münster, Koblenz oder Chemnitz seien sehr wohl in der Lage, bestimmte Gruppen von der Steuerpflicht auszunehmen.
Neuer Wohnungsbegriff soll Camper schonen
In der Tat, so das Rechtsamt in einer aktuellen Stellungnahme, könnte man die Dauercamper verschonen, wenn man sich von dem im Melderecht zugrunde gelegten Wohnungsbegriff trennt und einen eigenen Wohnungsbegriff definiert, etwa einen, der nur Wohngebäude erfasst. Andere Variante: Man lehnt sich an das Bauordnungsrecht an und beschreibt die Wohnung im Sinne der Zweitwohnungssteuer als – und jetzt bitte Luft holen – „umschlossenen Raum, der zum Wohnen oder Schlafen benutzt wird und von dem aus zumindest die Mitbenutzung einer Küche oder Kochnische sowie einer Waschgelegenheit und einer Toilette möglich ist“.
Neuer Wohnungsbegriff? Ein Essener Alleingang in NRW? Höchstrichterlich noch nicht abgesegnet? Im städtischen Haupt- und Finanzausschuss war der SPD das gestern egal. Sie triumphierte darüber, dass man der Entlastung der Dauercamper „sehr lange hinterhergelaufen“ sei, wie Fraktionschef Rainer Marschan klagte, während andere – gemeint war das Viererbündnis aus CDU, Grünen, FDP und EBB – sich hinter dem Rechtsamt verschanzt hätten.
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Das mochte Thomas Kufen von der CDU so nicht auf sich sitzen lassen: „Wir haben uns auf das Rechtsamt verlassen“, wehrte er ab. Sollte es tatsächlich möglich sein, die Dauercamper von der Zahlungspflicht zu verschonen, dann „werden wir uns dem nicht verschließen“. Auch Grüne und Linke signalisierten diesen Wunsch, ein entsprechender Ratsbeschluss könnte schon in Kürze gefällt werden.
Nennenswerte Einbußen für den Stadt-Etat wären damit nicht verbunden: Die 450 Dauercamper bescheren derzeit Einnahmen von rund 30.000 Euro im Jahr, die mehr als 1000 übrigen Steuerpflichtigen kommen auf 320.000 Euro.