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Horrende Preise für eine Reinigung: Nachdem Betroffene von extremen Rechnungen für die Wäsche berichteten, äußern sich jetzt Unternehmer, die um ihren Ruf fürchten.

Kunden rufen derzeit beinahe täglich völlig verunsichert bei der OTZ-Teppichwäscherei in Altenessen an. Die Anrufer sind zurückhaltend, fragen sich, welcher Preis wohl für die anstehende Reinigung ihres Persers angemessen ist, erzählt Kurt Brück (69), der Gründer des Unternehmens. Seine Branche leide unter den bekannt gewordenen Fällen, bei denen Firmen für Teppich-Reinigungen oder Reparaturen augenscheinlich überzogene Beträge kassiert haben. Brück kennt das Phänomen mit Überrumplungs-Taktik samt horrender Rechnungen seit mindestens zwei Jahren: „Jetzt hat es sich explosionsartig vermehrt.“

Mehr als 30 Betroffene meldeten sich

Tatsächlich meldeten sich nach zwei WAZ-Berichten mehr als 30 Betroffene. Eine ist die Huttroperin Maria Schortemeyer (79), die Angebote für die Entfernung eines Rotweinflecks aus ihrem Teppich sammeln wollte. Gleich nach dem ersten Anruf sei der Chef einer Reinigungsfirma gekommen, habe so auf sie eingeredet, dass sie die Rechnung für 1000 Euro unterschrieben hat. Dummheit, sagt sie selbst und will andere warnen.

Möbelhäuser als Kunden

Kurt Brück kämpft vor allem für den Ruf der seriösen Unternehmen: „Reinigungen, die unter zehn Euro pro Quadratmeter kosten sollen, sind nicht machbar.“ Bei ihnen liegt eine Normalwäsche (Wasser und Seife) bei 18,90 Euro pro Quadratmeter. Sie reinigen für Privatleute, die etwa 50 Prozent ihrer Kunden ausmachen, und für Unternehmen aus ganz Deutschland wie Möbelhäuser, die z.B. Ausstellungsstücke reinigen lassen. Kunden sind auch Teppich-Reinigungsfirmen, weil die meisten kleineren Betriebe keine professionelle Wäscherei haben, sagt Brück. Allein daher seien Angebote für 8,90 Euro unseriös: „Diese Firmen müssten draufzahlen“.

Tun sie aber nicht, weil sie vor Ort wie in Huttrop ganz andere Summen nennen. „Sie erklären zum Beispiel, der Teppich ist mottenverseucht und machen so Angst“, sagt der Fachmann. Meistens trifft es ältere Menschen, aber auch junge haben bereits bis 6500 Euro für drei Teppiche bezahlt. Auch wenn es sich um Reparaturen gehandelt hat, die kostenintensiver sind: „Bei uns hätten sie 1500 Euro gekostet“, sagt Brück, der auch als Gutachter berät.

200 Quadratmeter Teppich werden täglich gewaschen

Das Altenessener Unternehmen hat er 1978 an der Heßlerstraße aufgebaut. Vier Jahrzehnte arbeitete er als Teppich-Importeur, war unterwegs „auf allen Basaren der Welt“. Die Wäscherei diente anfangs dazu, „Teppiche verkaufsfähig zu machen“, sie zu waschen und zu veredeln. Inzwischen führt die nächste Generation mit Armin Brück (40) und Heiko Beckmann (49) die Firma mit acht Mitarbeitern. Bis zu 200 Quadratmeter Teppich waschen sie täglich.

Wer die Edel-Wäsche wählt (25,90 Euro/qm), dessen Teppich wird geklopft und so von Sand und Staub befreit, die Wollfäden richten sich auf, erklärt Beckmann. In einer großen Trommel wird der Teppich entstaubt, bevor er am Boden mit Gießkanne oder Schlauch befeuchtet, mit Bürsten oder Hochdruckreiniger gesäubert wird.

Prozedur mit viel Handarbeit 

Die Walze presst einen Teil des Wassers heraus, einen weiteren übernehmen Schleuder oder Zentrifuge, bevor der Teppich aufgespannt und automatisch in die Trockenanlage eine Etage höher gezogen wird. Über ein Laufband gelangt er trocken wieder hinunter, wo Mitarbeiter kontrollieren, ob die Flecken heraus und auch alle Fransen sauber sind. Die Prozedur mit viel Handarbeit dauert zwei Tage, sagt Beckmann. Handarbeit ist auch die Reparatur, wenn sie Löcher beseitigen oder Fransen erneuern. Und weil das kein Lehrberuf ist, ist Erfahrung gefragt. Wie bei ihren langjährigen Kollegen aus dem Iran.

Ebenfalls vom Fach ist Uwe Jühe, der sein Unternehmen in Schönebeck leitet, das sei rund 60 Jahren besteht. Auch ihm haben Kunden von Wucherpreisen für Teppich-Reinigungen berichtet. Das derzeitige Ausmaß der Abzocke beschreibt er als massiv. „Ich muss den Kunden meine Preise immer wieder erklären“, sagt er. Der Rat der Profis: Seriöse Unternehmen haben feststehende Preislisten (z.B. Internet), auf denen die Leistungen aufgeführt sind. Und: Die Preise beginnen etwa bei 16,90 Euro pro Quadratmeter. Ein Seidenteppich liegt bei 49 Euro.

„Diese Anbieter machen die Branche kaputt“

In die Preis-Debatte mischt sich Eyck Uecker ein, der seit 40 Jahren in der Werbung zusammen mit Teppich-Reinigungen arbeitet. Er kennt die Broschüren mit Angeboten ab 8,90 Euro und sagt: „Diese Anbieter machen die Branche kaputt“, er spricht von kriminellen Machenschaften. In einem Bochumer Fall hat das Gericht die Klage gegen eine Reinigungs-Firma zugelassen. Auch die Essenerin Maria Schortemeyer hat einen Anwalt eingeschaltet. Sie wartet auf Antwort vom Gericht.

Die Angebote ab 6,90 Euro hält Kurt Brück für einen Türöffner, um an Adressen der Anrufer zu gelangen. Diese Abzocke hat eine Vorgänger-Masche, sagt er und meint die Händler, die an Haustüren billige Teppiche zu überzogenen Preisen anboten: „Als das nicht mehr funktioniert hat, sind sie über den Service hergefallen.“

Rückmeldungen und Kontakt

Nach dem Bericht in der Essener WAZ („1000 Euro für eine Teppich-Reinigung“) gab es zahlreiche Rückmeldungen von Kunden, die sich abgezockt fühlen.

Manche zahlten für die Reinigung zweier Perser 2500 Euro. Andere berichten von Angst und massivem Druck, dem sie ausgesetzt gewesen seien. Kontakt zur Redaktion (Betreff Teppich-Reinigung): redaktion.essen@waz.de