Essen. . Weil ein Gericht die Pappel als gefährlich eingestuft hat, müssen jetzt in Essen 282 gesunde Pappeln gefällt werden. Das OLG Saarbrücken war zu dem Ergebnis gekommen, dass Pappeläste zum Brechen neigen - auch ohne Windeinwirkung.
Nach dem Ärger um die pilzbefallenen Platanen und die von Bakterien und Miniermotten geplagten Kastanien steht der Stadt der nächste Problembaum ins Haus: Nach einem Urteil des Oberlandesgerichts Saarbrücken hat sich jedenfalls der Blick der Baumpfleger bei Grün und Gruga auf großkronige Pappeln fundamental verändert. Die Saarbrücker Richter stuften vor allem die Hybridpappel als gefährlich ein, „da sie auch in gesundem Zustand ständig und plötzlich – selbst ohne Windeinwirkung – zum Astbruch neigt“.
Da für die Folgen die Kommune haftet, will Grün und Gruga handeln: 282 durchweg gesunde Pappeln, die im Bereich von Spielplätzen, Kindergärten oder Schulen stehen, sollen in einem ersten Schritt sofort gefällt werden. In den Wochen nach den Ferien will die Stadt ämterübergreifend festlegen, wie es grundsätzlich weiter geht mit den Pappeln in Essen. „Wir müssen hier leider konsequent handeln“, sagt Arne Thun, oberster städtischer Baumpfleger.
Die „Verkehrssicherungspflicht“ bei den rund 188.000 Straßenbäumen zwischen Kettwig und Karnap liege bei der Stadt. Anders als bei den Platanen, die von der „Massaria“ befallen, nun in einem regelmäßigen Turnus untersucht und gepflegt werden, lässt das Saarbrücker OLG-Urteil bei den Pappeln keinen Spielraum: Hier bleibt offensichtlich nur die Motorsäge.
1450 Bäume sollen gefällt werden
Dass es zu Protesten kommen wird, darauf hat sich Grün und Gruga eingestellt, Bürgertelefone sollen die Fällungen begleiten. Ohnehin gelten die Herbst- und Wintermonate als kritische Jahreszeit: Auf etwa 1450 Bäume wartet laut Grün und Gruga die Axt, in langen Listen haben die Baumpfleger die geplanten Eingriffe in den neun Stadtbezirken detailliert aufgeführt: Im Bezirk I (Stadtmitte, Frillendorf, Huttrop) beispielsweise sind es 254 Bäume, im Bezirk IX (Werden, Kettwig, Bredeney) knapp 100, im Bezirk V (Altenessen, Karnap, Vogelheim) sind es 245.
Vor allem trifft es Bäume auf Schulhöfen, an Kitas oder Spielplätzen. „Wir haben diese Bäume meist über einen längeren Zeitraum kontrolliert, oft über Jahre“, sagt Arne Thun. „Wir müssen jetzt handeln, weil wir sonst nicht mehr ausschließen können, dass von diesen Bäumen eine Gefahr ausgeht.“
Baumentwicklung wurde lange Zeit beobachtet
Teilweise seien die Faulstellen, Morschungen oder der Pilzbefall deutlich zu erkennen. „Wir machen es uns wirklich nicht leicht“, sagt Thun, jeder Fall werde intensiv geprüft. Diese Arbeit wird durch das GPS-gesteuerte Baumkataster erheblich erleichtert, da es jeden einzelnen der 188.000 Straßenbäume detailliert erfasst: „Wir können so die Entwicklung jedes einzelnen Baumes genau verfolgen, deshalb kennen wir auch unsere Sorgenkinder.“
Während in den Grünanlagen nur nachgepflanzt werden soll, wenn ausreichend Platz für den neuen Baum besteht, will Grün und Gruga bei den klassischen Straßenbäumen mit eigenem Baumbeet konsequent für Ersatz sorgen: „Etwa 500 sind bereits in der Ausschreibung“, so Thun, der insgesamt mit Sorgen auf die Entwicklung blickt. Die klimatischen Veränderungen führen immer häufiger zu Pilzbefall oder bakteriellen Baumerkrankungen. Bislang liege man bei den Fällungen jährlich unter einem Prozent des Bestandes: „Das ist eine sehr niedrige Quote.“ Ob das aber künftig so bleibt, daran haben sie bei Grün und Gruga doch einige Zweifel.