Essen. . Der umjubelte Auftritt der ersten Mannschaft von Rot-Weiss Essen war der versöhnliche Höhepunkt einer schönen, heiteren vom Wetterglück überaus begünstigten Eröffnungsfeier, die einem „Stadion Essen“ galt. Am Sonntag waren alle Querelen aus dem Vorfeld vorübergehend vergessen, stattdessen dominierte die Freude.
Am Ende durften Sie dann doch noch aufs neue Grün, die Regionalliga-Spieler von Rot-Weiss Essen. In der 80. Minute verließen die Spielerinnen vom 1. FFC Frankfurt das Feld und machten unter dem Jubel der Fans der Mannschaft von Waldemar Wrobel Platz. Gegen die Bundesliga-Damen der SGS Essen, die gegen Frankfurt eines der Eröffnungsspiele im neuen Stadion bestritten, wollten die Rot-Weissen zumindest einmal treffen. Das gelang dann auch.
Versöhnlicher Höhepunkt
Es war der versöhnliche Höhepunkt einer schönen, heiteren vom Wetterglück überaus begünstigten Eröffnungsfeier, die einem „Stadion Essen“ galt, in dem gleichwohl der Verein Rot-Weiss Essen die erste Geige spielen wird. Das ließ RWE-Original „Sandy“ Sandgathe auch mit leicht gereizten Unterton Oberbürgermeister Reinhard Paß wissen. „Akzeptieren Sie bitte, dass dies ein Stadion für RWE ist“, mahnte der stimmgewaltige Sänger der RWE-Hymne, denn: „Die einzigen, die dem Stadion eine Seele geben können, sind die RWE-Fans.“ Paß rang dann ein wenig um den richtigen, den emotionalen Tonfall. Bei den Worten: „Das neue Stadion steht hier, weil viele Menschen mit mir hart dafür gearbeitet haben“, setzte es denn auch prompt Pfiffe, und es nützte nichts, dass Sandgathe sich diese Pfiffe vorher ausdrücklich verbeten hatte.
"Stadion Essen" eröffnet
Unpassend an diesem Tag fand mancher auch den nüchternen, in der Sache zutreffenden Hinweis des OB, das Stadion gebe es nur dank des sanierten städtischen Haushalts. Aber es stimmt ja: Für die städtische Investition von rund 42 Millionen Euro, die das neue Stadion erfordert hat, musste der OB bei einigen Gelegenheiten Kritik einstecken. Wenn es in den letzten anderthalb Jahren in überregionalen Medien um angeblich „unnötige“ Geldausgaben in verschuldenen Kommunen ging, fehlte das Stadion Essen selten.
Am Sonntag war all das erst einmal vergessen, stattdessen dominierte die Freude: Parteiübergreifend fand sich niemand, der das neue Stadion nicht als gelungen bezeichnete, wenn auch die elegante, filigrane Bauweise noch mit dem Geist von RWE zusammenwachsen muss. Die bange Frage, ob der Wind an den vier noch unbebauten Ecken nicht allzu scharf aufs Spielfeld wehen wird, war gestern uninteressant: Jeder Windhauch war durchaus willkommen. „Einfach weiter aufsteigen, dann können wir weiter bauen“, empfahl augenzwinkernd Andreas Hillebrand, Geschäftsführer des Bauherrn, der städtischen GVE. Hillebrand und die verantwortlichen Ingenieure und Architekten der Wolff-Gruppe holten sich das verdiente Lob für gute Arbeit ab.
„Es war höchste Zeit“
Wenn Klaus Scharioth, von 2006 bis 2011 deutscher Botschafter in Washington, den früheren US-Außenminister Henry Kissinger traf, gab es zum „Warming-up“ immer ein zuverlässiges Thema: den Fußball in Deutschland. Kissinger, ein gebürtiger Fürther Junge, der mit seinen Eltern 1938 in die USA flüchtete, ist ein treuer Fan der Greuther Fürth, und der Diplomat Klaus Scharioth ist ein ebenso begeisterter Anhänger von Rot-Weiss Essen. In Essen geboren und aufgewachsen, erinnerte sich Scharioth gestern daran, wie er ab den 1950er Jahren als Kind und Jugendlicher die großen Zeiten von RWE im damals topmodernen Georg-Melches-Stadion miterlebte. Obwohl Scharioth heute in Berlin lebt, ist er ein Essener Stadtpatriot geblieben: „Ich glaube, es war höchste Zeit, dass sich die Stadt zu dem Neubau entschlossen hat“, sagte er.
Neuer Rasen fürs neue Stadion
12.000 Neugierige kamen am Sonntag erstmals ins neue "Stadion Essen"
So sahen es viele der rund 12.000 Neugierige, die erstmals ins neue „Stadion Essen“ kamen. Nach der Bekanntgabe des Namens in der letzten Woche hagelte es zwar Kritik, doch die rückt am großen Eröffnungstag eher in den Hintergrund. Zu groß scheint die Freude und Begeisterung an der neuen, modernen Sportsstätte.
Hier an der Hafenstraße, wo Tradition und Fußball-Leidenschaft zu Hause sind, beginnt mit der Stadioneröffnung eine neue Zeitrechnung. Ganz gleich, ob RWE-Fan oder nicht. Ein Blick auf die Nummernschilder der Autos, die überall verteilt stehen, lässt vermuten, dass das ganze Ruhrgebiet an diesem Tag an der Hafenstraße zu Gast ist. Nicht ganz leicht einen Parkplatz in der Nähe zu ergattern.
Fans, Familien und einfach nur Neugierige pilgern vorbei an den Bauzäunen, die das alte Stadion noch umgeben. „Es tut mir ein bisschen weh im Herzen“, sagt Jürgen, ein RWE-Fan mittleren Alters, standesgemäß ausgestattet mit rot-weißem Trikot und Schal. Auch Heinz Sauermann, der neben dem alten Stadion aufwuchs, selbst in der RWE-Jugend kickte und auf der alten Güterbahnstrecke neben dem Stadion die bei Krupp gefertigten Lokomotiven einfuhr, schwelgt in Erinnerungen: „Weiß nicht, ob das alles wirklich nötig war.“
Rot-Weiss Essen 2012/13
Solche Skepsis war gestern aber eher selten: „Architektonisch toll!“, „Viel freundlicher und einfach zeitgemäß“, so die typischen Antworten der Gäste, die an diesem sonnigen Tag ein bisschen neue Stadionluft schnuppern. Nur Jürgen zitiert lieber Otto Rehhagel: „Geld schießt keine Tore. Im neuen Stadion wird der RWE mit Sicherheit nicht besser spielen...“ Ob Freund oder Gegner des Neubaus, mit einem Satz, wie er gestern auf vielen T-Shirts stand, können sich vermutlich alle identifizieren: „Alte Heimat – neue Bude“.