Essen. . Seit über 35 Jahren findet das Medizinisch-Philosophisch Interdisziplinäre Seminar in einem Hörsaal des Uni-Klinikums statt und lädt Bürger ein über das Leben und den Tod zu diskutieren. Nach dem Tod des Gründers Georg Scherer will das Seminar mit einem offeneren Programm auch Schüler gewinnen.

Es sind die großen Fragen zwischen Leben und Tod, die immer zum Wochenbeginn behandelt werden, wenn Vorlesungszeit ist, in einem Hörsaal des Uni-Klinikums: Das „medizinisch-philosophische interdisziplinäre Seminar“ hat mehr als 35 Jahre lang alle Bürger – nicht nur Studenten! – eingeladen, auf die Suche zu gehen – nach Antworten, die jeden bewegen. Wann beginnt der Tod? Was unterscheidet den Menschen vom Tier? Was braucht der Mensch wirklich zum Leben?

Der frühere Anatomie Prof. Dr. Manfred Blank und Georg Scherer, Philosoph und Theologe, gründeten die Reihe 1977 am Uni-Klinikum. Anlass: Medizin-Studenten weigerten sich, ihre Anatomie-Übungen an Leichen vorzunehmen. Es entspann sich eine Diskussion über die Bedeutung des Todes. Also fingen die Professoren an, in regelmäßigem Abstand über „Sterben und Tod des Menschen“ zu sprechen, mal aus medizinischer, dann aus philosophischer Sicht.

Publikum blieb der Reihe treu

Die Reihe blieb bestehen – auch dann, als Blank und Scherer emeritiert wurden. Auch das Publikum alterte mit, doch blieb der Reihe treu, reiste jeden Dienstagabend an, nicht nur aus Städten des Ruhrgebiets. Georg Scherer ist dann gestorben, in diesem Frühjahr, mit 84 Jahren. „Wir hatten abgemacht“, erzählt Manfred Blank jetzt, „dass wir mit dem Seminar aufhören, wenn einer von uns gehen muss.“

Nun ist es aber doch anders gekommen – auf zahlreiche Bitten des Publikums, des Dekans der medizinischen Fakultät, und nicht zuletzt, berichtet Blank, auf persönliches Bitten des Ärztlichen Direktors des Uni-Klinikums, Eckhard Nagel.

„Also hab’ ich lange Leute gesucht, die künftig mitmachen könnten, und ein neues Konzept gemacht“, berichtet Blank. Die Ära des ersten „medizinisch-philosophisch interdisziplinären Seminars“ ist nun also vorbei – es lebe das Neue: „Das Seminar soll fachlich künftig offener werden“, hat sich Blank vorgenommen. „Angesprochen werden sind nicht nur Leute, die sich über Grundsatzfragen des Lebens interessieren, sondern wir wollen künftig auch Schüler gewinnen, die ein Studium in Erwägung ziehen.“

Schnupperstunde für junge Erwachsene

Der Besuch des Seminars, das auch weiterhin künftig immer dienstags abends stattfindet, könnte also eine Art Schnupperstunde für junge Erwachsene werden, was das Studium betrifft. Die Uni, die redlich bemüht ist, schon früh begabte Schüler auf die Vorzüge des Hauses aufmerksam zu machen („Schüler-Uni“, „Sommer-Uni“ und so weiter und so fort), kann da sicher nichts dagegen haben; das Gegenteil müsste der Fall sein.

Neu in der Reihe der Veranstalter ist der Philosoph Jan Peter Beckmann, der für die Fern-Uni Hagen arbeitet. Geblieben ist – neben Blank – auch der Humangenetiker Eberhard Passarge. Erstmals konnte eine ganze Reihe von Gastreferenten gewonnen werden – das verspricht eine Menge interessanter Impulse.