Essen. Der hochgiftige Eichenprozessionsspinner hält in diesen Tagen Allergiker, Landwirte und das Ordnungsamt in Atem – in Essen mussten bislang sieben Mal aufwendig Bäume von dem Schädling befreit werden
Mit ihren feinen Härchen und der graubraunen Farbe sieht die kleine Raupe mit dem klangvollen Namen Eichenprozessionsspinner denkbar harmlos aus. Doch ist der Nachtfalter in diesen Tagen der wohl größte Albtraum von Landwirten und vor allem Allergikern. Bei schwül-warmem Wetter findet man die gefürchteten Tierchen häufiger in Wäldern, doch auch in Essens Parks und Grünanlagen wurden bereits Nester gesichtet.
„Diesen Sommer musste schon sieben Mal ein Absaug-Kommando ausrücken“, sagt Eckhard Spengler, Sprecher des städtischen Eigenbetriebs Grün und Gruga. Denn das ist in Essen die Philosophie, mit den gefährlichen Plagegeistern fertig zu werden. „Wir haben uns bewusst für diese umweltschonende Methode entschieden, um die Bäume nicht zu beschädigen“, so Spengler. „Obwohl uns klar ist, dass dies mit einem erheblichen Aufwand verbunden ist.“ Aufträge hat die Stadt bislang an ein Düsseldorfer Unternehmen vergeben, das sich auf Schädlingsbekämpfung spezialisiert hat. In anderen Ruhrgebietsstädten greift man mit dem Einsatz von Gift oder dem Abflammen der befallenen Äste zu vergleichsweise drastischen Maßnahmen.
Experten vermuten, dass der Eichenprozessionsspinner etwa um das Jahr 2000 vom Niederrhein ins Ruhrgebiet eingeschleppt wurde – wohl auch als Nebenerscheinung des Klimawandels. Wegen der äußerlichen Ähnlichkeit wird der Falter häufig mit der Gespinstmotte verwechselt, die für den Menschen allerdings ungefährlich ist.
Ordnungsamt koordiniert Einsätze
Für die Koordination der Säuberungsmaßnahmen ist das Ordnungsamt verantwortlich. „Wenn in einem entlegenen Waldgebiet ein Nest entdeckt wird, rückt deswegen nicht gleich ein Einsatzkommando aus“, erklärt Spengler. „Wohl aber in belebten Ecken etwa in der Nähe von Schulen, Kindergärten oder Sportcentern. Dann ist wirklich Gefahr im Verzug – da muss man sofort reagieren.“ So könnten die Schädlinge bei Allergikern etwa allergische Schocks und Atemnot auslösen, doch auch für Menschen ohne besondere Anfälligkeit können die Insekten unangenehm werden, etwa Hautreizungen und akuten Ausschlag auslösen. Selbst wenn die Raupen sich später entpuppt haben, sind die Härchen in den Nestern weiterhin hochallergen.
Beim Absaugverfahren werden die Gespinstnester mit den Raupen und deren giftigen Haaren sowie den Häutungsresten mit einem Gemisch aus Pflanzenölen verklebt, um sie anschließend problemlos absaugen zu können. Bei der Arbeit müssen die Fachleute Ganzkörper-Schutzkleidung und Handschuhe tragen; anschließend muss die gesamte Ausrüstung sorgfältig gereinigt werden. Das giftige Material wird später in einem speziellen Ofen für Umweltabfälle verbrannt. Denn, so Spengler: „Die giftigen Härchen verteilen sich über den Wind. Damit ist nicht zu spaßen.“