Essen. . Nur knapp mit dem Leben davon gekommen ist eine Großfamilie aus Katernberg vor rund zwei Wochen. Eine Videokamera hat den mutmaßlichen Brandstifter aufgezeichnet. Ein Anwohner hatte diese zur Überwachung installiert, da sein Auto in der Vergangenheit schon mehrfach demoliert worden war.
Fast zwei Wochen nach einer spektakulären Brandstiftung in Katernberg, bei der eine siebenköpfige Familie nur durch Riesenglück mit dem Leben davon kam, fahndet die Polizei mit einer Ermittlungskommission nach dem Täter. Dabei helfen ihr Videos aus der Überwachungskamera eines Nachbarn.
Der Anwohner der Straße "Auf der Reihe" hatte die Überwachungskameras installiert, weil sein Auto schon mehrfach demoliert worden war. Am Morgen des 11. Juni haben die Kameras den Weg des Brandstifters festgehalten. Mit Camouflage-Jacke und Weste bekleidet, kommt er gegen 4.50 Uhr heran, schaut sich ständig um und verschwindet in Hauseingängen, wenn ein Auto vorbeifährt oder sich auch nur nähert. Kurz vor dem Haus der siebenköpfigen Familie beginnt er die Hausnummern zu überprüfen, verschwindet für eine Minute im Eingang taucht wieder auf und verschwindet im Laufschritt aus dem Sichtfeld der Kamera.
Im Haus „Auf der Reihe 77“ steht das Obergeschoss leer, im Erdgeschoss wohnen ein Familienvater (36), seine Frau (34) und fünf Kinder im Alter von 14 Monaten bis 14 Jahren. Weil der kleine Sohn ihn nachts auf Trab gebracht hatte, ist der Vater um vier Uhr früh wach und setzt sich an den Computer. Gegen 5 Uhr hört er ein Geräusch, geht zur Wohnungstür - und sieht, wie sie sich nach innen biegt, während hinter den Ritzen Flammen lodern. Der 36-Jährige reißt seine Frau aus dem Schlaf. Gemeinsam beginnen sie die Kinder aus dem Erdgeschossfenster in Sicherheit zu bringen. Nur Sekunden später, um 5.02 Uhr, schießt eine Stichflamme aus dem Eingang: Die Wohnungstür ist geborsten, das Feuer findet neue Nahrung. „Zu diesem Zeitpunkt“, sagt Polizeisprecher Peter Elke, „sind noch zwei Kinder in der Wohnung.“ Ein Brandermittler sagt später: „Wenn das Feuer durch die Tür gekommen wäre, bevor die Familie etwas gemerkt hätte, wäre dort keiner mehr lebend heraus gekommen.“
Die Polizei bittet um Hinweise
Auf der Straße stoppen Autofahrer, springen aus den Wagen und helfen bei der Bergung der Kinder. Um 5.12 Uhr treffen die ersten Löschtrupps der Feuerwehr ein. Sie finden schon „einen lichterloh brennenden Dachstuhl vor“, sagt Feuerwehrsprecher Mike Filzen. Die Frage: „Wo sind Frau und Kinder?“ beschert den Rettern einige hektische Minuten. Schließlich stellt sich heraus, dass ein Nachbar schnell gehandelt und Mutter und Kinder zu Verwandten gebracht hat. Schnell hat die Feuerwehr die Lage im Griff, aber viel ist nicht mehr zu retten: „Das Gebäude ist nicht mehr bewohnbar“, sagt Feuerwehrsprecher Filzen, auch weil seine Kollegen zur Bekämpfung des Brandes Teile des Daches abgedeckt haben.
„Die Familie hat unglaubliches Glück gehabt“, sagt Peter Elke im Rückblick. Eine Ermittlungskommission des Kommissariates 11 (Tötungsdelikte, Brandermittlungen) ermittelt jetzt wegen schwerer Brandstiftung. Im Hintergrund steht jedoch auch der Straftatbestand der versuchten Tötung. „Der Mann hat erkennbar ganz gezielt seine Opfer gefunden“, sagt Peter Elke. Das zeigen die Aufnahmen der Überwachungskamera. Wer morgens um fünf ein Feuer an ein Haus legt, der weiß, dass die Bewohner um diese Zeit in der Regel tief schlafen. Und er nimmt in Kauf, dass sie in diesem Feuer sterben können.“
Die Polizei bittet um Hinweise: 8290.