Essen. . Eine Ausstellung in der Essener Domschatzkammer zeigt Urkunden aus dem Alltagsleben des Frauenstifts im Mittelalter. Etwa 600 Urkunden und Archivalien der Stiftszeit - seit dem späten Mittelalter - befinden sich heute im Münsterarchiv.

Nicht nur St. Peter in Rom wurde mit Ablassgeldern erbaut. Auch den gotische Neubau des Essener Münsters, der nach dem Brand von 1275 notwendig geworden war, finanzierte man durchaus auch durch die Gewährung des Ablasses. Eine im späten Mittelalter neben Stiftungen und Schenkungen durchaus gängige Form des „Sponsoring“, bei dem man dem Betenden - meist jedoch dem Zahlenden - den Nachlass zeitlicher Sündenstrafen versprach.

Ablässe gewährten und verbrieften Kirchenfürsten. Papst, Bischöfe oder, wie im Fall der prächtigen Essener Ablassurkunde von 1311 - die jetzt in einer Sonderausstellung in der Domschatzkammer zu sehen ist - so prominente Aussteller wie die Patriarchen von Jerusalem oder Antiochien. Die Stadt in der heutigen Südtürkei an der Grenze zu Syrien gehörte seit der Antike zu wichtigen christlichen Zentren. Entsprechend bedeutend waren für das Essener Stift die Urkunde mit den anhängenden Siegeln dieser Großen der damaligen Zeit. Zugleich verweist dieses prominente Dokument auf die internationalen Kontakte und die Bedeutung des Stifts und seiner Äbtissinnen.

Ausstellung aus Forschungsprojekt entstanden

Etwa 600 Urkunden und Archivalien der Stiftszeit - seit dem späten Mittelalter - befinden sich heute im Münsterarchiv. Dazu kommen weit über 1000 Aktenkonvolute der Münsterpfarre des 19. Jahrhunderts und der Essener Beginenkonvente seit 1396.

Diese Bestände wurden 2007 aus dem Bistumsarchiv herausgelöst und systematisch durch den Bochumer Historiker Jens Lieven gesichert und aufgearbeitet. Seit kurzem liegen sie im neuen Münsterarchiv im „Haus am Dom“. Dort betreuen die Mitarbeiterinnen der Domschatzkammer um Leiterin Birgitta Falk diesen Quellenschatz, der seither auch einmal wöchentlich nach Anmeldung ( 2204-573) für Forscher zugänglich ist. „Der Bestand liefert eine Fülle von Informationen über das wirtschaftliche wie kirchliche Leben in Stift und Pfarre“, so Birgitta Falk. Die Urkunden und Akten, in denen es um Politik und das Territorium des alten Stifts geht, wurden nach dessen Auflösung von den Preußen nach Düsseldorf verbracht. In Essen blieben lediglich sogenannte „Privaturkunden“.

Die nahmen jetzt in einer Kooperation mit der Domschatzkammer elf Studierende der Ruhr-Universität Bochum unter die Lupe. Ergebnis dieses Forschungsprojekts aus dem Bereich der sogenannten historischen Hilfswissenschaften ist eine Ausstellung, die nicht nur die Urkunde über den ersten bekannten Orgelbau des Münsters (1442) oder den Auftrag für die berühmten Altartafeln des Barthel Bruyn zeigt. Auch Härtefälle aus heutiger Sicht gehören dazu, wie der „Verkauf“ einer ganzen namentlich genannten Familie in den Dienst des Kanonikerkapitels. So geschehen 1359.

Mehr Kooperationen zwischen Domschatzkammer und Hochschulen der Region

Nach der Ausstellung zum 1000. Todestag der Äbtissin Mathilde, die die Domschatzkammer zusammen mit Studierenden der Uni Düsseldorf konzipierte, ist die aktuelle Schau „Alltag im Frauenstift“ mit Urkunden aus dem Münsterarchiv durch Studierende der Mittelalterlichen Geschichte der Ruhr-Uni Bochum die zweite Kooperation der Domschatzkammer mit Hochschulen der Region.

Dabei profitieren beiden Seiten. „Der Umgang mit Originalquellen gehört zur Kernkompetenz jeden Historikers und hier haben wir die Möglichkeit, mit wichtigen Beständen zu arbeite“, so Jens Lieven, Dozent der Uni Bochum. Für das Domschatz-Team bedeutet die Sichtung und Übersetzung der Urkunden wertvolle Hilfe. Denn: „Wir haben als Kunst-Historiker ja ein ganz anderes Aufgabenfeld zu betreuen“, so Birgitta Falk, Leiterin der Domschatzkammer.

Im November gibt es eine Ausstellung über frühmittelalterliche Textilien- und eine weitere Kooperation. Dann mit der Fachhochschule Köln.

Die Ausstellung „Alltag im Frauenstift“ ist bis 1. Juli dienstags bis samstags, 10 bis 17, sonn- und feiertags 11.30 bis 17 Uhr zu sehen.