Essen. . Ingeburg Kaminski band ihren Hund Tessa an ein Baumgitter und erledigte Einkäufe in Haarzopf. Dann kam das Ordnungsamt und verpasste dem Tier ein 35 Euro teures „Knöllchen“. Die 75-jährige Hundehalterin ist empört, während die Stadt ihr Vorgehen verteidigt.

Ingeburg Kaminski wollte nur kurz in der „Neuen Mitte Haarzopf“ ihre Einkäufe erledigen. Sie band ihren Hund Tessa an ein rund 1,80 Meter hohes Baumgitter vor den Geschäften. Als sie nach dem Einkauf zurückkam, traute sie ihren Augen nicht: Mitarbeiter des Ordnungsamtes waren gerade dabei, für Tessa ein „Knöllchen“ zu schreiben. „Ich war gerade mal 20 Minuten weg und der Hund hatte einen Laufradius von höchsten 40 Zentimetern.“ 35 Euro soll Ingeburg Kaminski zahlen, nur weil sie den Hund an das Gitter angebunden hat. „Der ist doch klein und ganz lieb, der tut doch nichts“, versichert die 75-Jährige. Wer Angst habe, könne ja mit etwas Abstand an dem Hund vorbeigehen. Sie zahlte nicht, legte Einspruch ein - und soll nun 58,50 Euro zahlen. „Das ist doch Geldschneiderei“, findet Ingeburg Kaminski.

„Der Halter muss jederzeit auf seinen Hund einwirken können“

Die Stadt sieht sich im Recht und verteidigt ihr Vorgehen. Der Hund habe gebellt, sei nervös gewesen und habe die Passanten anspringen wollen - so hätten die Mitarbeiter vor Ort die Situation eingeschätzt. „Der Halter muss jederzeit auf seinen Hund einwirken können, wenn er bellt oder hochspringt“, sagt Jeanette Kern vom Presseamt der Stadt.

Die Mitarbeiter des Ordnungsamtes seien angehalten, auf den Hundehalter zu warten und ihn gegebenenfalls auch im Geschäft ausrufen zu lassen. Es komme halt auf die Situation an: Wenn sich der Hund still und unauffällig verhalte, sei das Anbinden in der Regel kein Problem. Die 35 Euro seien ein Verwarngeld gewesen. Da die Hundehalterin sich geweigert habe, dies zu zahlen, sei daraus ein Bußgeld inklusive Verwaltungsgebühren geworden.

„Da hätte doch ein Schild mit Hundeverbot stehen müssen, sagt Hundehalterin Evelyn Flögerhöfer (64). Aber so: „Würde ich nicht zahlen.“ Reine „Kohlemacherei“, findet auch Daniela Nutricato. Verrückt und unverschämt, denn eine mündliche Verwarnung hätte gereicht. Essen sei eben die „hundeunfreundlichste Stadt“. Das habe die 39-Jährige schon zu spüren bekommen, als sie mit Mops Valentina von Ratingen zurück in ihre Heimatstadt zog: „Die Hundesteuer ist fast doppelt so teuer.“ Dafür sollte sich das Ordnungsamt um wichtige Dinge kümmern. Wie die Scherben im Christinenpark, an denen sich Kinder und Hunde verletzen könnten.

„Die grasen wirklich alles ab“, sagt das Frauchen (36) eines Golden Retrievers. Ständig werde abkassiert. „So verbissen war es früher nicht.“ Es binde doch niemand einen gefährlichen Hund draußen an.

Könnte Ermessenssache gewesen sein, sagt Ullrich Schröder, der seit mehr als 40 Jahren Hunde ausbildet. Wenn der Hund gebellt habe, sei das vielleicht als Bedrohung oder Lärmbelästigung empfunden worden. Ansonsten ist das Anbinden eines Hundes und das Verschwinden des Halters aus dem Sichtbereich sogar Teil beim Verhaltenstest, den die Stadt verlangt, wenn jemand zum Beispiel seinen Hund von Maulkorb- oder Leinenpflicht befreien lassen will. Das üben sie auch in der Hundeschule: Das gehöre zur Begleithundeprüfung des Verbandes für das Deutsche Hundewesen. Ein Knöllchen fürs Anbinden – davon hört der Trainer zum erste Mal.