Essen. . Ernüchternde Bilanz nach einem Jahr: Die Leistungen des Bildungs- und Teilhabepakets (BuT) erreichten nur jedes dritte aller anspruchsberechtigten Kinder. Nun sollen die Anträge leichter werden.

Sie haben über 200.000 Flyer an Kindergärten, Schulen und in Vereinen verteilt, Infos plakatiert, Mitarbeiter des städtischen Sozialdienstes zur Beratung verpflichtet, fast 80 Schulsozialarbeiter eingestellt und vieles mehr versucht, um die Leistungen des Bildungs- und Teilhabepakets (BuT) denen zukommen zu lassen, für die sie bestimmt sind: rund 40.000 anspruchsberechtigten Kindern in dieser Stadt. Was nie wirklich gelang.

Nach einem Jahr ist die Bilanz einigermaßen ernüchternd und eine anfängliche Befürchtung hat sich bestätigt: Trotz der durchaus eifrigen Politik des Nachlaufens selbst durch Lehrer und Kita-Mitarbeiterinnen wurde nur etwa ein Drittel der Kinder erreicht, kritisiert Essens DGB-Chef Dieter Hillebrand. Die Nachfrage nach den Leistungen, die dem Nachwuchs gesetzlich zusteht, blieb weit hinter den Möglichkeiten zurück, moniert die SPD-Fraktion.

Das Geld landet nicht da, wo es sollte

Wie Sozialdezernent Peter Renzel auf Nachfrage berichtete, wurden von den jährlich zur Verfügung stehenden 10,5 Millionen Euro im vergangenen Jahr gerade einmal 2,8 Millionen Euro ausgegeben, wobei das meiste Geld für Mittagessen, Teilhabe an Sport und Kultur, sowie Ausflüge und Klassenfahrten bezahlt wurde. Der eigentlich wichtigste BuT-Baustein, die Lernförderung, wurde nur 3000 Mal beantragt.

Zum Vergleich: 8000 Anträge entfielen auf Klassenfahrten, 16.000 auf die Mittagsverpflegung. Was für Dieter Hillebrand nicht nur eine erkennbare Schieflage, sondern auch ein eindeutiges Indiz dafür ist, „wie arm die Menschen wirklich sind“. Das BuT sei einfach ein schlecht gemachtes Programm mit einem enormen bürokratischen Aufwand, der im Jobcenter und im Sozialamt immer noch nachwirkt. Auch nach einem Jahr sind nach wie vor nicht alle Anträge bearbeitet.

Weg von übertriebener Bürokratie

Der Stau, so Renzel, werde aber bis zum Sommer abgebaut, zumal sich ein hoffentlich schnelleres und wirksameres Verfahren gerade von Berlin aus auf den Weg macht, um dem Bürokratiemonster endlich die Zähne ziehen zu können: So schnell wie möglich, sagt Renzel, soll ein gewisser Automatismus einkehren. Nicht jede einzelne der sechs Leistungen aus dem BuT müsse mehr gesondert beantragt werden. Vielmehr seien der Anspruch auf die Angebote künftig automatischer Bestandteil eines Antrags der Eltern auf Arbeitslosen- oder auch Wohngeld – ob sie ihn zum ersten Mal oder nach sechs Monaten erneut stellen.

„Wir warten jeden Tag auf die entsprechende Anweisung des Bundes. Wir müssen weg von der Bürokratie hin zu mehr Unterstützung“, sagt Renzel, der guter Dinge ist, dass durch das vereinfachte Verfahren künftig deutlich mehr Hilfen bei den Kindern ankommen: „Ich gehe davon aus, dass wir einen sehr großen Teil der rund zehn Millionen Euro in diesem Jahr ausgeben können.“ Auch im eigenen Sinne. Denn von dem Erfolg der Beteiligung am Bildungspaket hängt die zukünftige Bundes-Erstattung bei den Kosten für Unterkunft und Heizung für Hartz IV-Haushalte ab. Das waren im vergangenen Jahr rund 70 Millionen Euro. Auch das sollte man wissen.