Essen. . Dreckig, häßlich, künstlich begradigt: Noch immer denken viele Bürger bei der Emscher zuerst an die alte Abwasservene des Ruhrgebiets. Jochen Durchleuchter nicht: Der Hausfotograf der Emschergenossenschaft kennt den Fluss wie kein anderer und weiß, wie schön die Emscher sein kann.

20 Jahre lang hat er sie begleitet; er kennt sie bei Wind und Wetter, weiß, wie hässlich sie in ihren dunkelsten Ecken und wie schön sie in ihrer neuen Umgebung sein kann: Jochen Durchleuchter und die Emscher, das ist eine ganz besondere Beziehung. Zwei erlebnisreiche Jahrzehnte verbrachten die beiden gemeinsam; mit der Kamera hielt Durchleuchter jede Veränderung der einstigen Industriekloake auf dem Weg zur grünen Flusslandschaft fest. Jetzt trennen sich ihre Wege: Ende des Monats geht der Hausfotograf der Emschergenossenschaft in Rente.

„Ja, sie wird mir fehlen“, sagt Jochen Durchleuchter mit Blick auf die vor ihm liegende Zeit, „so ganz kann mich die Emscher nicht loslassen, das geht nach einer so langen Zeit einfach nicht“. Als er im Herbst 1992 seine Stelle als Fotograf bei der Emschergenossenschaft antrat, begann dort gerade das Groß-Projekt „Emscher Umbau“. Der zentrale Fluss des Ruhrgebiets, der jahrzehntelang als offener Schmutzwasserablauf verwendet wurde, sollte wieder naturnaher werden, die starren Betonbecken natürlichen Uferböschungen weichen.

Emscher-Blicke

Eines der ältesten Bilder im Fundis und das erste der Emscher, 1899 oder 1900, hier in Dortmund vor der Begradigung. Im Jahr 1899 wurde auch die Emschergenossenschaft gegründet.
Eines der ältesten Bilder im Fundis und das erste der Emscher, 1899 oder 1900, hier in Dortmund vor der Begradigung. Im Jahr 1899 wurde auch die Emschergenossenschaft gegründet. © Emschergenossenschaft
Wattenscheid im Jahr des Fußballwunders, 1954.
Wattenscheid im Jahr des Fußballwunders, 1954. © Emschergenossenschaft
Resser Bach in Herten, 1956.
Resser Bach in Herten, 1956. © Emschergenossenschaft
Auch in Bochum wurden um diese Zeit ....
Auch in Bochum wurden um diese Zeit .... © Emschergenossenschaft
Die Nebenflüsse der Emscher ausgebaut.
Die Nebenflüsse der Emscher ausgebaut. © Emschergenossenschaft
Blick auf Emscher, Rhein-Herne-Kanal und Gasometer. Da, wo heute das Centro steht, war 1955 eine Brache.
Blick auf Emscher, Rhein-Herne-Kanal und Gasometer. Da, wo heute das Centro steht, war 1955 eine Brache. © Emschergenossenschaft
Die Alte Emscher in Duisburg im Jahr 1955. Vierzig Jahre später begann der Umbau. Seit 1999 fließt das Abwasser hier unterirdisch durch Kanäle.
Die Alte Emscher in Duisburg im Jahr 1955. Vierzig Jahre später begann der Umbau. Seit 1999 fließt das Abwasser hier unterirdisch durch Kanäle. © Emschergenossenschaft
Am Rüpingsbach in Dortmund wurde 1952...
Am Rüpingsbach in Dortmund wurde 1952... © Emschergenossenschaft
kräftig gebaggert.
kräftig gebaggert. © Emschergenossenschaft
1954 sah es dann so aus.
1954 sah es dann so aus. © Emschergenossenschaft
Und noch einmal 1963.
Und noch einmal 1963. © Emschergenossenschaft
Emscher zwischen Dortmund-Dorstfeld und ...
Emscher zwischen Dortmund-Dorstfeld und ... © Emschergenossenschaft
Holzwickede, 1925.
Holzwickede, 1925. © Emschergenossenschaft
Emscherkanal Hörde am 30.07.1947
Emscherkanal Hörde am 30.07.1947 © Emschergenossenschaft
Mühle Aplerbeck am 14.01.1925
Mühle Aplerbeck am 14.01.1925 © Emschergenossenschaft
Emscher Bolmke am 02.10.1936
Emscher Bolmke am 02.10.1936 © Emschergenossenschaft
Evinger Bach, Dortmund, am 11.03.1952
Evinger Bach, Dortmund, am 11.03.1952 © Emschergenossenschaft
Emscher in Holzwickede am 24.01.1949
Emscher in Holzwickede am 24.01.1949 © Emschergenossenschaft
Borbecker Mühlenbach, Altendorferstraße, 1960.
Borbecker Mühlenbach, Altendorferstraße, 1960. © Emschergenossenschaft
Der Katernberger Bach am 13.05.1954
Der Katernberger Bach am 13.05.1954 © Emschergenossenschaft
Rückhaltebecken, Borbecker Mühlenbach
Rückhaltebecken, Borbecker Mühlenbach © Emschergenossenschaft
Die Berne am 08.05.1954
Die Berne am 08.05.1954 © Emschergenossenschaft
Der Katernberger Bach am 13.05.1954
Der Katernberger Bach am 13.05.1954 © Emschergenossenschaft
Der Katernberger Bach am 05.08.1954
Der Katernberger Bach am 05.08.1954 © Emschergenossenschaft
Der Borbecker Mühlenbach am 07.06.1955
Der Borbecker Mühlenbach am 07.06.1955 © Emschergenossenschaft
Kläranlage Essen Frohnhausen, Königsberger Str. 101Mai 1952
Kläranlage Essen Frohnhausen, Königsberger Str. 101Mai 1952 © Emschergenossenschaft
Stoppenberger Bach am 18.09.1953
Stoppenberger Bach am 18.09.1953 © Emschergenossenschaft
Blick auf die Emscherinsel zwischen Rhein-Herne-Kanal (links) und Emscher (rechts). Im Hintergrund zu sehen: die damals noch neue Zweigertbrücke.
Blick auf die Emscherinsel zwischen Rhein-Herne-Kanal (links) und Emscher (rechts). Im Hintergrund zu sehen: die damals noch neue Zweigertbrücke. © Emschergenossenschaft
Zweigertbrücke in Essen.
Zweigertbrücke in Essen. © Emschergenossenschaft
Schwarzbach am 16.06.1955
Schwarzbach am 16.06.1955 © Emschergenossenschaft
Kläranlage Essen-Frohnhausen am 23.08.1955
Kläranlage Essen-Frohnhausen am 23.08.1955 © Emschergenossenschaft
Sälzerbach am 09.05.1957
Sälzerbach am 09.05.1957 © Emschergenossenschaft
Schwarzbach am 26.09.1957
Schwarzbach am 26.09.1957 © Emschergenossenschaft
Der heutige Bernepark in Bottrop, damals noch als Kläranlage Bernemündung, in den 50ern.
Der heutige Bernepark in Bottrop, damals noch als Kläranlage Bernemündung, in den 50ern. © Emschergenossenschaft
Hahnenbach Gladbeck am 18.08.1958
Hahnenbach Gladbeck am 18.08.1958 © Emschergenossenschaft
Der Schwarzbach Essen
Der Schwarzbach Essen © Emschergenossenschaft
Der Marbach in Bochum am 24.05.1955
Der Marbach in Bochum am 24.05.1955 © Emschergenossenschaft
Alte Emscher Duisburg am 24.06.1954
Alte Emscher Duisburg am 24.06.1954 © Emschergenossenschaft
Alte Emscher Duisburg am 07.10.1958
Alte Emscher Duisburg am 07.10.1958 © Emschergenossenschaft
Alte Emscher Duisburg am 15.07.1955
Alte Emscher Duisburg am 15.07.1955 © Emschergenossenschaft
Alte Emscher Duisburg am 07.10.1958
Alte Emscher Duisburg am 07.10.1958 © Emschergenossenschaft
Emschermündung Am Stapp am 06.10.1959
Emschermündung Am Stapp am 06.10.1959 © Emschergenossenschaft
Emscherhochwasser an der Mündung am 05.12.1960
Emscherhochwasser an der Mündung am 05.12.1960 © Emschergenossenschaft
Emschermündung Schlammsauggerät am 27.04.1955
Emschermündung Schlammsauggerät am 27.04.1955 © Emschergenossenschaft
Bach in Dinslaken
Bach in Dinslaken © Emschergenossenschaft
Herdicksbach Castrop-Rauxel am 22.03.1960
Herdicksbach Castrop-Rauxel am 22.03.1960 © Emschergenossenschaft
Herdicksbach Castrop-Rauxel am 21.10.1957
Herdicksbach Castrop-Rauxel am 21.10.1957 © Emschergenossenschaft
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Mit Beginn der ersten Bauprojekte startete auch Jochen Durchleuchters Arbeit als Emscher-Fotograf. „Das musste ja dokumentiert werden, wie der Fluss aussieht, damit man dort mit dem Umbau beginnen konnte“, erinnert sich der 65-Jährige. Abwasserkanäle und von Schmutzwasser überflutete Uferböschungen bekam er in den ersten Jahren fast täglich vor die Kamera. Nicht unbedingt die bevorzugten Motive eines Fotografen, sollte man meinen. „Ach, so habe ich das gar nicht gesehen“, lächelt Jochen Durchleuchter, „ich fand den Kontrast spannend, ich war ja immer hautnah dabei, wenn sich die Emscher geändert hat.“

Fotografierte er einen der alten offenen Kanäle, hielt er das Bild nicht nur mit seiner Kamera fest, auch für sich selbst behielt er die Eindrücke im Kopf. „Ich wusste ja, ich komme innerhalb der nächsten fünf Jahre wieder hier her und kann dann den neuen Zustand fotografieren“, erzählt Durchleuchter, „da habe ich mich schon damals drauf gefreut, diesen Wandel sehen und begleiten zu dürfen.“ Ungewöhnliche Fotografien waren für den Essener schon damals kein Neuland. Im Vergleich zu den Fotos seiner bisherigen Karriere waren die Abwasserkanäle der Emscher sogar fast harmlos. Nach Abschluss seiner Fotografen-Lehre hatte Durchleuchter einige Zeit im Essener Klinikum gearbeitet und Operationen bei Orthopädie-Patienten fotografiert. „Das waren schon ganz andere Bilder, wenn man so nah an einer OP dran war“, erinnert sich der Fotograf.

Kreativer fand er die Arbeit bei der Emschergenossenschaft. „Ich bin gerne draußen unterwegs und durch die Arbeit war ich ständig auf irgendwelchen Baustellen oder Bachläufen an der Emscher.“ Mit dem fortschreitenden Emscher-Umbau änderten sich auch die Motive von Jochen Durchleuchter. Grüne Uferböschungen traten an die Stelle von grauen Betonsohlschalen, ein munter sprudelnder Bachlauf ersetzte die begradigten Flussläufe. „Ich habe viele schöne Motive vor die Linse bekommen, es ist faszinierend zu sehen, wie schnell sich eine Landschaft wandeln kann“, sagt JDurchleuchter.

Der Weg der Emscher zu einem sauberen, naturnahen Fluss dauert noch an - 2020 soll das Projekt fertig sein. Jochen Durchleuchter wird es weiter verfolgen, die Emscher ist längst Teil seines ganz persönlichen Lebensweges geworden. Und die Kamera? „Die werde ich bestimmt das ein oder andere Mal dabei haben, wenn ich mal schaue, wie es der Emscher so geht“, schmunzelt Durchleuchter.