Essen. Das Schönebecker Buchenwäldchen steht unter Naturschutz. Leider halten sich Dirtbiker, Spaziergänger, Hundebesitzer und andere nicht daran. Vor knapp 170 Besuchern bei einer Bürgerversammlung appellierte Grün und Gruga-Chef Bernd Schmidt Knop an die Vernunft.

Wie schafft man es, ohne teuren und abweisenden Stacheldraht alle ungeliebten Besucher aus einer Waldfläche herauszuhalten, die besonderen Schutz genießt? Diese Frage exerziert Grün und Gruga derzeit quasi exemplarisch beim Buchenwäldchen im Schönebecker Kamptal durch. Knapp 170 Besucher drängelten sich auf der Bürgerversammlung der örtlichen CDU – und ließen sich augenscheinlich vom Grün und Gruga-Chef Bernd Schmidt-Knop überzeugen.

„Es ist die bittere Wahrheit: Das Buchenwäldchen ist an einem Punkt angekommen, an dem es absoluten Schutz braucht. Nur dann hat es die Möglichkeit, zu überleben.“ Bernd Schmidt-Knop lässt es an diesem Abend an deutlicher Ansprache nicht mangeln. Mit dem Mikro steht er im Durchgang zwischen Gaststätte und Gesellschaftsraum, so dass auch jeder der Anwesenden zumindest ein Zipfelchen von ihm sehen kann. Das Lokal „Schönebecker Schweiz“ ist so voll, dass auch das letzte Stehplätzchen besetzt ist. Anwohner, Hundehalter, Spaziergänger, Walker, nicht zuletzt mehr als 30 Pfadfinder sind gekommen. Von sportlichen Dirtbikern ist aber auf den ersten und zweiten Blick nichts zu sehen.

Pfadfinder: Wir sind die größten Leidtragenden

Dabei hatte sich an ihnen der Konflikt erst entzündet. Grün und Gruga hatte Anfang des Jahres Alarm geschlagen: Sei nicht bald Schluss mit den Querfeldeinpisten, könne man für die Sicherheit der Biker, etwa vor herbstürzenden Ästen, nicht mehr garantieren und es müsse abgeholzt werden, so sei die Rechtslage. Und auch ohne Kahlschlag sei der Verkehr im ca. zwei Hektar großen Wäldchen mit dem Naturschutz überhaupt nicht vereinbar – ein Problem, das Schmidt-Knop und seine Mitarbeiter auf mehr als 20 Flächen in der Stadt hätten, die unter besonderem Schutz stünden (wir berichteten).

Doch den schwarzen Peter den Bikern allein zuschieben, das will er an diesem Abend nicht. „Hier kommt alles zusammen: Hundehalter, Kinder, Radfahrer, Wanderer und so weiter. Der Boden wird verdichtet und das macht den Baumbestand kaputt“, sagt er.

Und spricht damit inmitten der großen Runde eine sehr unpopuläre Botschaft aus. Sicherlich ist vielen der Anwesenden ihr Buchenwäldchen ans Herz gewachsen und ein komplette Zutrittsverbot tut weh. Doch die Bürger sind einsichtig. Kein Murren, keine Gegenrede und auch keine verbalen Angriffe sind zu hören. Schmidt-Knop regt an: „Von der Essener Stadtfläche betreuen wir 14 Prozent. Davon sind 98 Prozent Erholungswald, den man in der Freizeit nutzen kann.“

Eine Wiese alleine nützt nichts

Ein halbes Prozentpünktchen oder auch ein bisschen mehr wird er aber den Pfadfindern von St. Antonius Abbas für ihre Gruppenstunden anbieten müssen. Die sind mit einer großen Truppe zur Versammlung gekommen und stellen fest: „Uns trifft das richtig hart, weil wir das Buchenwäldchen regelmäßig mit unseren Kindergruppen zum Spielen und Lernen besuchen. Eine Wiese nützt uns nichts“, unterstreicht einer von ihnen.

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Und auch für die Dirtbiker – bislang ist Grün und Gruga nicht gerade großzügig mit Flächen für sie umgegangen – kündigt Bernd Schmid-Knop einen Ersatz an. Die Szene wird ihn beim Wort nehmen. Müsse man keinen teueren Zaun aufstellen, so Mitveranstalter Klaus Diekmann (CDU), solle man das Geld in eine Radler-Piste stecken.

Ob die 150 Jahre alten Buchen eine Chance ohne Zaun haben, wird sich noch zeigen. Die örtliche Bezirksvertretung IV finanziert ein Gutachten, in dem andere Ansätze, etwa Baumstämme als Barriere, geprüft werden. Im Sommer soll der Schutz stehen. Bis dahin? Klaus Diekmann möchte Pfähle als sichtbare Barriere rund um das Buchenwäldchen in den Boden rammen, hofft auf Hilfe von den Pfadfindern. Eine Besucherin regt an, es einfach mal mit Warnschildern zu probieren. Vielleicht funktioniert’s ja diesmal.