Essen. Kultur ist so lebensnotwendig wie Essen und Trinken, das unterstrich jetzt auch Kulturministerin Ute Schäfer bei einem Besuch der Essener Kulturloge. Nicht abgenommene Tickets für Theater, Konzerte und Kino-Vorführungen werden dank ihrer Arbeit an finanziell Schwächere weitergereicht.
Mit dem Berlin-Pass scheiterte man in der Hauptstadt. Zwar wurde die Idee, kulturelle Veranstaltungen für sozial Schwache zugänglich zu machen gewürdigt – doch wollte kaum jemand mit dem als „Asi-Ticket“ bekannten Billet ins Theater. Dann kam, mit der gemeinnützigen Kulturloge, ein stadtinternes Konkurrenzsystem ins Rollen – und funktionierte.
Die Kulturloge, man darf sie sich vorstellen als eine Art Tafel für Kulturveranstaltungen. Auf der einen Seite nicht abgenommene Tickets – dem gegenüber Menschen, die gern teil hätten an Theater, Konzerten, Kino-Vorführungen, dafür jedoch nicht zahlen können. „Das funktioniert aber nicht, wenn man die Menschen stigmatisiert, indem man ihnen andere Karten gibt, als der zahlende Gast sie hat“, sagt Antonia Illich von der Essener Kulturloge.
„Inzwischen unterstützen uns 60 Kultureinrichtungen“
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Nun braucht man, um verteilen zu können, zunächst einmal Tickets. Und an die war nicht schwer zu kommen. „In Essen waren viele Einrichtungen sofort begeistert von der Idee. Inzwischen unterstützen uns 60 Kultureinrichtungen“, sagt Illich. 2500 Karten verteilte die Kulturloge im vergangenen Jahr unter ihren 850 Klienten. Wer aufgenommen werden will in die Kartei, ist gehalten, einmalig die Bedürftigkeit nachzuweisen. Dann werden die Vorlieben und Interessen erfasst. Und wenn man Glück hat – klingelt das Telefon. „Eine Übersicht über die Veranstaltungen, die wir im Angebot haben, veröffentlichen wir nicht“, sagt Rüdiger Schrader, der regelmäßig zum ehrenamtlichen Telefondienst antritt. Auf das persönliche Gespräch setzt die Loge, „manchmal ist es gar nicht so leicht, Leute für eine Veran-staltung zu begeistern.“ Das mag daran liegen, dass viele Klienten erstmals Kontakt zu Aalto Theater und Philharmonie Essen haben. Sei das Eis aber einmal gebrochen, die erste Oper gehört, kämen viele wieder. Ein weiterer Erfolg: Rund 60 Prozent der Karten-nutzer hatten vorher kaum einen Bezug zu kulturellen Verantaltungen – und besuchen dank Loge erstmals Theater und klassische Konzerte.
Kultur so lebensnotwendig wie Essen und Trinken
Nun sind weder Essen noch Berlin Vorreiter. In Marburg gegründet fand die Logen-Idee rasch Nachahmer. 13 Vereine gibt es bundesweit. Weitere sind in Gründung – nicht zu-letzt dank Antonia Illich, die den Logen-Gedanken übers Ruhrgebiet verbreiten will. So plant die Stadt Dortmund die Einrichtung einer Loge. Weitere Städte bekunden Interesse.
Dass Kultur so lebensnotwendig wie Essen und Trinken ist und kein Luxusgut für wenige sein darf, unterstrich jetzt auch Kulturministerin Ute Schäfer bei einem Besuch der Loge, die im Kunsthaus an der Rübezahlstraße ihr Büroquartier bezogen hat. Das Ziel der Loge, mehr Menschen für Kunst und Kultur zu gewinnen, sei auch zentrales Projekt der Kulturpolitik des Landes. Weiter unterstrich die Ministerin, dass die ehrenamtlichen Mitarbeiter für mehr Lebensqualität und sozialen Zusammenhalt in der Stadt sorgten.
Einsatz, den Schäfer förde-rungswürdig fand. Einen Scheck der Stiftung Kultur-hauptstadt 2010 über 5000 Euro übergab sie jetzt den Logen-Mitarbeitern - angesichts der geplanten Erweiterung just zum richtigen Zeitpunkt.
- Kontakt zur Kulturloge montags, mittwochs, freitags, 16 bis 20 Uhr. 0234-45931967.