Essen. .
Sein Idol verkörpert der Countrybarde Gunter Gabriel seit zwei Jahren in einem Musical in Berlin. Nun geht er mit „Hello, I’m Johnny Cash“ auf Tournee, am Mittwoch läuft das Stück in der Lichtburg. Gordon K. Strahl sprach mit ihm über Höhen und Tiefen, ungewöhnliche Autogrammwünsche und Ehrensold.
Sie treten mit Ihrem Musical in der Lichtburg auf, das viele als das schönste Kino Deutschlands bezeichnen. Kennen Sie den Saal schon?
Gunter Gabriel: Nein, nur davon gehört. Wie groß ist der denn?
So um die 1400 Sitze...
Gunter Gabriel: Herrje, ich trete ja lieber in kleinen Hallen auf. Das Ding ist ja fürs Renaissance-Theater in Berlin konzipiert, das ist so ein wunderschönes plüschiges Ding mit 600 Sitzen. In großen Räumen, also wenn das so ein Schlauch ist und in den letzten Reihen schon die Klofrau mit dem Geld klimpert... Na ja, ich freue mich aber natürlich, dass wir auch solche Hütten voll bekommen.
Aber nach Essen kommen Sie nicht zum ersten Mal ...
Gunter Gabriel: Nein, und ich bin immer wieder gerne hier, das ist eine tolle Stadt. Ich habe hier auch eine Weile gelebt! Als es mir in den 1980er besonders dreckig ging, weil ich ein paar millionenschwere Immobilien in den Sand gesetzt habe, bin ich mit einem Wohnwagen direkt am Baldeneysee gestrandet. Und während meiner Wohnzimmertournee war ich auch immer wieder hier.
Da haben Sie für einen Tausender Privatkonzerte gegeben, um von ihren Schulden herunterzukommen ...
Gunter Gabriel: Richtig! Das kam so riesig an bei den Leuten, dass ich das heute noch mache, nur so zum Spaß. Da erlebt man die tollsten Dinge: So manche Mieze hat mir als erstes ihr Schlafzimmer gezeigt. Aber sowas kannst du dann nicht bringen, da muss man schon aufpassen. Ich sage dann immer in solchen Fällen, ich bin Cowboy und kein Callboy.
Johnny Cash und Gunter Gabriel - zwei Künstler, viele Parallelen
Wenn man Sie mit Johnny Cash vergleicht, fällt auf, dass Sie beide recht offensiv mit ihren Schwächen umgegangen sind.
Gunter Gabriel: Ich hab aus so etwas noch nie einen Hehl gemacht. Wenn man Fehler macht, muss man dazu stehen. Das nervt mich ja auch so an Wulff: Nicht, dass der Mist gebaut hat, sondern dass der so herumlaviert hat. Und dafür will der auch noch Ehrensold kassieren. Aber dagegen werde ich mich auf meine Art protestieren: Ich habe ihm eine neue Version meines alten Hits geschrieben: statt „Hey Boss, ich brauch’ mehr Geld“: „Hey Wulff, du brauchst kein Geld.“ Das sing ich dann vor seinem Backsteinhaus.
Also ein politischer Protestsong – schon wieder eine Parallele zu Cash?
Gunter Gabriel: Ja sicher, das hat aber auch schon immer zu mir gehört. Wenn du im Leben so viel Dreck gefressen hast, schreibst du keine Schnulzen. Aber ich habe mir letztens Johnny Cashs neue Biografie gekauft. Da habe ich mal die Stellen markiert, wo ich Parallelen zu mir sehe. Ich war erstaunt, wie viele das waren.
Zum Beispiel?
Gunter Gabriel: Das Erstaunlichste war, dass sein Vater genauso ein Mistkerl war wie meiner. Ein Trinker und Schläger, der praktisch Cashs dunkle Seite geweckt hat. Und Cash hat früh seinen Bruder als wichtige Bezugsperson verloren, ich meine Mutter. Überhaupt dieses ständige Auf und Ab, er flüchtete sich in Drogen, ich in Alkohol.
Hatten Sie da eine besondere Ehrfurcht, ihn nun in einem Musical darzustellen?
Gunter Gabriel: Das einzige, wovor ich Ehrfurcht hatte, war so viel Text zu lernen. Und dann auch noch englisch singen! Überhaupt war mir diese ganze Disziplin, die man am Theater braucht, fremd. Aber es funktioniert, das Ding schlug ein wie eine Bombe. Ich versuche ja auch nicht Cash zu sein, ich spiele ihn nur. Wenngleich mir meine große Statur dabei hilft, ihm gerecht zu werden. Man darf da nicht so ein Wicht sein wie Peter Maffay.
Johnny Cash half seine große Liebe June Carter aus seinen Krisen. Hatten Sie auch eine June Carter?
Gunter Gabriel: Nein, das war auch eine einmalige Liebesgeschichte. Viele sagen, sie war sein Dynamo, als sie starb, starb er wenig später am gebrochenen Herzen. Das Glück, so jemanden zu treffen, hatte ich nicht. Ich habe vier Kinder von vier Frauen an der Backe, ohne jemals eine Familie hinbekommen zu haben. Aber ich werde jetzt 70 und trauere dem auch nicht mehr hinterher.
Fehlt Ihnen die Liebe nicht?
Gunter Gabriel: Jetzt, wo der Erfolg wieder zurückgekehrt ist, kommen auch die Frauen wieder. Letztens habe ich so einem jungen Ding ein Autogramm auf ihren Brüsten gegeben. Das war schon toll. Aber ich muss nicht mehr jede abschleppen, die Zeiten sind vorbei.