Essen. . Die IHK lud zum Speed-Dating in die Weststadthalle. 670 Jugendliche kamen, um erste Kontakte zu Firmen zu knüpfen. Dabei setzte die IHK auf einen guten Branchenmix - von der Drogeriemarktkette dm bis hin zu einem Marktforschungsinstitut.

Am liebsten würde er weglaufen. Dabei ist genau jetzt Björn Wieczoreks Zeit. Genau zehn Minuten hat er, um zwei Personalchefs von sich zu überzeugen. Was er eigentlich auch will – wäre da nicht die Nervosität.

Denn beim Lehrstellen Speed-Dating geht es um nicht weniger als die Zukunft. Oder, genauer: Darum, der Zukunft ein Gesicht zu geben. Mehr von sich zu zeigen, als zwischen die Deckel einer Bewerbungsmappe passt. Ungereimtheiten im Lebenslauf erklären dürfen und von Fähigkeiten überzeugen, die in Standard-Bewerbungen keinen Platz finden. Umgekehrt hat der Personal-Chef zehn Minuten Zeit, zu überlegen – will ich mir diesen Bewerber genauer anschauen, oder lade ich ihn gar nicht erst ein?

Ein guter Branchenmix

50 Firmen bekundeten Interesse, sich bei der ersten Veranstaltung - ausgerichtet von der Industrie- und Handelskammer - potenziellen Auszubildenden zu präsentieren. „Dabei haben wir ganz schön gezittert, ob genug Firmen mitmachen, als wir für die Veranstaltung die Weststadthalle gebucht haben“, sagt Hans Michaelsen, bei der IHK Essen Geschäftsführer für den Bereich Aus- und Weiterbildung. Schließlich habe man sogar Firmen abweisen müssen, „wir haben uns darauf konzentriert, einen guten Branchenmix anzubieten“, sagt Michaelsen.

Auch interessant

Für die Firmen hat es sich gelohnt. Bereits in den ersten beiden Stunden zählten die Sicherheitskräfte am Einlass 670 Interessenten, zumeist waren sie mit Bewerbungsmappen zum Speed-Dating gekommen. Lange Schlangen bildeten sich am Info-Tisch des Discounters Aldi, der Drogeriemarktkette dm und des Dekorations- und Einrichtungsfilialisten Depot.

Andere Personaler mussten freilich länger auf Zulauf warten. Aylin Paksoy-Wysocki, Chefin des Marktforschungsinstituts Assindia, führt das darauf zurück, dass die Ausbildung zum „Fachangestellten für Markt- und Sozialforschung noch wenig bekannt ist, denn es gibt den Beruf erst seit fünf Jahren.“ Wer damit rechnet, am Telefon literweise Wein vollmundig anpreisen zu müssen, liegt falsch. „Wir suchen Leute, die einen gewissen Entdeckergeist mitbringen. Die selbst neugierig darauf sind, neue Produkte kennen zu lernen.“ Und nicht zuletzt sollen sie Kundenprobleme lösen: Warum bleibt ein Waschmittel im Regal stehen? Wie schmeckt das neue Produkt, was empfindet der Kunde als Wohlgeruch, was als angenehmen Klang? „Wer die Ausbildung gut absolviert, hat praktisch eine Übernahmegarantie“, sagt Paksoy-Wysocki. Denn der aus dem Fachkräftemangel entstandene Beruf sei gesucht.

Ein guter Eindruck

Auch der 17-jährige Björn Wieczorek hat von diesem Beruf noch nie gehört. Ohnehin interessiert ihn der Stand der Lebensmittelkette Rewe, bei der er gern die Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann antreten würde. Nervös also ist er, als er die Juniorreferentin für Ausbildungsmarketing Tina Schumacher und den Personal-Trainer Thomas Pape kennen lernt.

Dabei macht Wieczorek seine Sache gut. Ein wenig hastig spricht er anfangs. Doch an Nervosität sind die Rewe-Mitarbeiter bei derlei Gesprächen gewöhnt. Wett machen kann er das durch Wissen, gut vorbereitet hat er sich auf das Gespräch. Und was er nicht weiß, das fragt er nach. Das signalisiert echtes Interesse, und so will Pape auch gleich wissen, ob der junge Mann in den Osterferien Zeit hat für ein Praktikum. Hat er. Die Adressen sind ausgetauscht, die Sanduhr zeigt: Björn Wieczoreks Zeit ist abgelaufen. Einen guten Eindruck, so bestätigt Pape, hat er hinterlassen. „Wir sind ganz überrascht davon, wie viele gute Bewerber hierher gekommen sind.“ Wiederkommen wollen einige Firmen – vorausgesetzt, die IHK startet eine Neuauflage.