Essen.. Nelson Müller ist im kulinarischen Sternehimmel angekommen. Der Essener Fernsehkoch („Deutschlands Meisterkoch“) aus dem Szene-Viertel Rüttenscheid bleibt dennoch bescheiden. Zu seinem Erfolgsrezept gehört eine Zutat, die nicht zu kaufen ist: Lächeln.

Nelson Müller lächelt. Er strahlt eine freundliche Lässigkeit aus, als er im dicken Anorak und modischer, irgendwie zu groß wirkender Jeans seine „Schote“ betritt. „’tschuldigung“, sagt er mit diesem entwaffnenden Gesichtsausdruck, weil er 20 Minuten zu spät erscheint. „Momentan überschlägt sich alles. Ich weiß gar nicht, wo mir der Kopf steht.“

Die aktuelle Hektik in dem ansonsten auch nicht gerade unstressigen Job hat er seiner neuen Auszeichnung zu verdanken. Gerade erst adelte der Guide Michelin Nelson Müller mit einem Stern. Seitdem steht das Telefon des 32-Jährigen nicht mehr still, seitdem stehen die Freunde der gehobenen Küche Schlange, um einen Platz in seiner „Schote“ im Essener Szene-Viertel Rüttenscheid zu ergattern.

„Punk und Rock‘n‘Roll“ in der Küche von Nelson Müller

47 Plätze hat er. Für Gourmets stehen täglich acht Köche an den Herden, putzen, brutzeln, schnipseln, waschen, garen, teilen mit dem Zentimetermaß ab, zum Beispiel Rote Bete. Acht bis zwölf Stunden am Tag, sechs Tage die Woche. Kochen ist ein Knochenjob, erfordert ein perfektes Zeitmanagement. Denn Rehrücken und Jakobsmuscheln wollen punktgenau serviert werden.

„Punk und Rock‘n‘Roll“, sagt der Musikliebhaber Müller, sei die Arbeit in der Küche. Mit Liebe bis ins letzte Detail wird mit den Lebensmitteln experimentiert, gebastelt. „Wir sind ein tolles Team“, erklärt Müller und strahlt. Zusammenhalt sei wichtig, der Kommisston, der einst zur Küche gehörte wie das Salz in der Suppe, Vergangenheit. „Könnte ich mir gar nicht erlauben.“ Schließlich müssten seine Leute auch in seiner Abwesenheit das hohe Niveau halten. „Das geht nur, wenn die Stimmung gut ist“, weiß Müller.

Nelson Müller sucht „Deutschlands Meisterkoch“

Denn der Chef selbst hat noch andere Jobs. Der gebürtige Ghanese hat jüngst ein Kochbuch geschrieben, sucht im Fernsehen „Deutschlands Meisterkoch“ oder gibt Tipps in diversen Koch-Shows. Überlebenswichtig sei dieses zweite Standbein, wenn auch nicht unbedingt hilfreich, um Küchen-Sterne zu erreichen. Von der „Schote“ allein könne er nicht leben. „Das ist ein Subventionsbetrieb“, sagt er.

Nelson Müller wirkt wie die Mensch gewordene gute Laune. Kulinarisch ist er ein Suchender, der Traditionen durchaus achtet, Konventionen aber auch vergessen kann. Was passiert, wenn der Perfektionismus mit ihm mal durchgehen sollte, wenn ein Gast irritiert sein sollte über seine neue Kreation?

„Er darf das bei uns sagen“, erklärt er. „Keine Frage ist peinlich.“ Immer schön locker bleiben, heißt die Devise. Als pedantischer Knigge-Kenner muss sich niemand mehr outen. Im Gegenteil. Verboten ist fast nichts, erlaubt, was gefällt. Mit Gläsern klirrend anstoßen, einfach so? „Kein Problem“, sagt Nelson Müller. „Die Menschen müssen sich nur tief in die Augen schauen.“ Den falschen Griff zur Gabel? „Gibt‘s nicht. Jeder fasst die Gabel auf seine Art richtig an.“

Fernsehkoch aus Essen will weiter dazulernen

Er wolle die Menschen einen Abend glücklich machen, wenn sie ihn besuchen. Nelson Müller bleibt bescheiden. Spricht mit großer Leidenschaft von Demut, von Idealismus und gibt gleich etwas nachdenklich ein Beispiel, warum er sich unabhängig von Beurteilungen von außen auf seinem momentanen Erfolg nicht ausruhen will. „Ich möchte ein Praktikum machen, weiter lernen.“ Am liebsten bei dem Zwei-Sterne-Künstler Sergi Arola in Madrid. Doch da gebe es ein Sprachproblem. Wahrscheinlich werde er sich in Deutschland umschauen. Denn eines ist ihm klar: „Wir müssen ständig daran arbeiten, besser zu werden. Der Weg ist das Ziel“. Und lächelt.