Essen. Im Winter draußen einen Kaffee trinken – das hat ein gewisses Flair, war bislang nur in der Innenstadt erlaubt. Nun wagen sich auch die Rüttenscheider Gastronomen vor. Ein Pilotprojekt läuft noch bis Ende Februar. Den Gästen gefällt’s.
Straßencafés sind nicht mehr wegzudenken aus dem Stadtbild, doch gerade im Winterhalbjahr war die Stadtverwaltung bisher rigoros: Draußen gab’s weder Tisch noch Stuhl noch Bedienung, mochte der Spätherbst auch noch so warm werden oder der Februar bereits frühlingshaft sein. Die Sorge vor ungenutztem Möbel-Gerümpel im öffentlichen Raum war größer als die Neigung, mit Winter-Konzessionen zusätzliche Einnahmen zu erzielen, zudem sind die bullernden Heizpilze manchem Umweltschützer ein Dorn im Auge. In diesem Winter wird aber bis Ende Februar im Rahmen eines Pilotprojekts in Rüttenscheid einfach mal ausprobiert, ob eine großzügige Regelung nicht doch Sinn macht. 20 Gastronomien gingen das Wagnis ein.
Die Zwischenbilanz, soviel kann man sagen, fällt schon wegen des traumhaften Spätherbstes 2011 überwiegend positiv aus. An diesen kalten Wintertagen allerdings ist die Freiluftgastronomie an der Rüttenscheider Straße keine Umsatzmaschine. Zwar scheint die Sonne, das Thermometer zeigt aber Minusgrade rund um die fünf. Die hübsch mit Decken und Windlichtern ausstaffierten Tische, Stühle und Bänke sind verwaist. Nur Barbara Bluni und ihre Freundin Sandra Dinkelbach sitzen dick eingepackt vor der Türe des „Miamamia“ an der Rüttenscheider Straße. „Aber nur, um mal eine Zigarette zu rauchen.“
Vor allem bei Rauchern kommt der Biergarten im Winter gut an
Vor allem bei den Rauchern, die schon bald aus allen überdachten Eckchen vertrieben sein werden, kommt der Biergarten im Winter natürlich sehr gut an. Das bestätigen auch die Gastronomen. „Wir sind ein reines Nichtraucherlokal und brauchen eigentlich diesen Service für die Gäste“, berichtet Muzaffa „Mizzi“ Kök, Inhaber des „Zucca“.
Er lobt ausdrücklich die Möglichkeiten, die ihm die Sonderregelung mit der Stadt eröffnet hat. „Das Ganze ist definitiv gut angenommen worden, viele Gästen trinken im Winter gerne mal etwas Heißes draußen. Auch in Sachen Außenwirkung für meinen Betrieb und das Flair an der Rüttenscheider Straße ist das ein Gewinn“, stellt er fest.
Ebenso wie Phil Hinze, Inhaber der „Zweibar“, wäre „Mizzi“ bei einer generellen Regelung pro Winterbiergarten dabei. „Wir hatten genug schöne Tage, das hat klasse funktioniert. Ich bin mir sicher, dass die Nachfrage nach Außengastronomie im Winter noch steigen wird“, schaut Hinze voraus.
Bei Glühwein haben die Gäste gerne draußen gesessen
Dass man bei niedrigen Temperaturen weniger Bier oder Eis an den Tisch bringt, ist klar. „Aber wenn wir Glühwein im Angebot hatten, haben sich die Leute sehr gerne auch nach draußen gesetzt“, erzählt Phlamen Lazarov, Betriebsleiter des Eiscafé „Gioja“ am Rüttenscheider Stern. Silvio Bauksch, der mit gleich zwei Außengastronomien seiner „Miamamia“-Lokale an der Rü mitmacht, findet das Freiluftangebot im Winter ebenfalls „gut“. „Mit Windabweisern, die die Gäste schützen, wäre es allerdings noch besser. Wir bemühen uns gerade um die Genehmigungen“, so der Gastronom.
Als einzige der befragten Lokalitäten war das „Chilli House“ nicht besonders glücklich in der Testphase. „Uns bringt das nichts, wir können das in Zukunft sein lassen“, so Mitarbeiter Harutaka Jäger: „Der Sommer reicht aus.“
Mehr Geld, das bestätigen auch die Befürworter, verdient man mit dem zusätzlichen Service nicht. „Es war schön anzusehen, gerechnet hat es sich aber nicht“, sagt Süreya Akar, Inhaberin des „Oscar“. Sie findet die Abgaben, die sie an die Stadt für die Nutzung zu zahlen hat, zu hoch. Die volle Gebühr für vier Monate fällt an, und zwar auch, wenn es draußen eiskalt ist. Bei Süreya Akar sind mit einer Reihe Stühle 350 Euro angefallen. „Das könnte um die Hälfte günstiger sein. Trotzdem würde ich wahrscheinlich im kommenden Winter wieder mitmachen“, so die Geschäftsfrau.
Der Zugewinn an Flair und Gemütlichkeit für die Rüttenscheider Straße ist auch für Mitinitiator Rolf Krane von der Interessengemeinschaft Rüttenscheid das entscheidende: „Das Angebot wird angenommen, die Rü sieht einfach viel besser aus. Der Rechnung ist absolut aufgegangen.“ In den kommenden Monaten wird man erfahren, ob dies der Normalzustand im Winter wird – in Rüttenscheid und dann auch im Rest der Stadt.
Diese "Essener Blagen" wurden um 1909 abgelichtet. Foto: IG Rüttenscheid
Das städt. Gymnasium um 1910. Foto: IG Rüttenscheid
Der Claraplatz - heute umbenannt in Rüttenscheider Stern - um 1920. Foto: IG Rüttenscheid
Das Montagsloch - hier sollte eines der größten Stadien Deutschlands entstehen. Es kam jedoch nie über den Rohbau hinaus. Heute haben sich dort, am Rüttenscheider Tor, Hochtief und Eon angesiedelt. Foto: IG Rüttenscheid
Der Rüttenscheider Markt dreieinhalb Jahre nach dem Krieg. Foto: IG Rüttenscheid
Auch hier hatte der Krieg gewütet: Ein Blick von der Dorotheenstraße, links stand das Haus Hindenburg, rechts "Seifendietrich". Foto: IG Rüttenscheid
Auch die Girardet-Druckerei wurde durch Bombenschäden schwer beschädigt. Foto: IG Rüttenscheid
Zum Vergleich - so sah die Druckerei vor dem Krieg aus, um 1910. Foto: IG Rüttenscheid
Stehaufmännchen - das Gebäude lag noch in Schutt und Asche, als die Ampütte schon wieder öffnete - schon damals auch zur nachtschlafenden Zeit. Foto: IG Rüttenscheid
Diese Aufnahme zeigt Rüttenscheid in den Dreißigern von oben. Foto: IG Rüttenscheid
Ein Luftbild von 1957 zeigt noch den alten Güterbahnhof. Foto: IG Rüttenscheid
Das Essener Justizgebäude um 1920. Mit seinem Bau wurde 1908 begonnen. Foto: IG Rüttenscheid
Die Sommerblumenterrassen im Jahr 1929. Foto: IG Rüttenscheid
Die Ansichtskarte zeigt den Grugaturm zur Reichsgartenschau 1938. Foto: IG Rüttenscheid
Die Isabellastraße um 1928. Foto: IG Rüttenscheid
Die Irmgardstraße 1920, seit 1937 in Von-Seeckt-Straße umbenannt. Foto: IG Rüttenscheid
Die bekannteste Meile - die Rüttenscheider Straße, Ecke Witteringstraße, in den Zwanzigern. Foto: IG Rüttenscheid
Dieses Bild der Rü entstand um 1900. In dem Eckgebäude ist heute die Brunnenapotheke. Foto: IG Rüttenscheid
Aus dem Kruppschen Erholungsheim entwickelten sich... Foto: IG Rüttenscheid
...die Kruppschen Krankenanstalten an der Wittekindstraße. Foto: IG Rüttenscheid
Ein undatiertes historisches Foto der Siechenkapelle. Foto: IG Rüttenscheid
Wo heute das "Rü Kontor" steht, wurde um 1923 die neue Rüttenscheider Brücke gebaut. Foto: IG Rüttenscheid
Der Rüttenscheider Stern 1914. Foto: IG Rüttenscheid
Das Rüttenscheider Rathaus, wo heute die Sparkasse untergebracht ist. Foto: IG Rüttenscheid
Die Richard-Wagner-Straße 1913. Foto: IG Rüttenscheid
Die alte ev. Reformationskirche um 1912, rechts ist das mit Rathaus zu erkennen. Foto: IG Rüttenscheid
Der Prater war von 1926 bis 1930 ein ständiger Vergnügungspark im Winkel der Norbert-und Lührmannstraße, u.a. mit Achterbahn, Zillertal und Hippodrom. Foto: IG Rüttenscheid
Am 25. Oktober 1955 wurde die Grugahalle offiziell eröffnet. Foto: IG Rüttenscheid
Die Grugahalle 1959. Foto: IG Rüttenscheid
Nach dem Deutschen Turnfest 1963 konnte die Zahl der aktiven Sportler in Essener Vereinen um 5000 Mitglieder gesteigert werden. Foto: IG Rüttenscheid
Bis in die 80er Jahre lag das Straßenbahndepot... Foto: IG Rüttenscheid
...am alten Alfredusbad, an das heute nur noch der Haltestellen-Name erinnert. Foto: IG Rüttenscheid
Der Erzhof - heute Evag-Hauptverwaltung, an Zweigertstraße. Foto: IG Rüttenscheid
Ein Geschäft im Dohmannskamp, im Jahr 1913. Foto: IG Rüttenscheid
Der alte Florabrunnen stand in etwa an der Stelle des jetzigen, der 2007 renoviert und reaktiviert wurde. Foto: IG Rüttenscheid
Hier hat sich in all den Jahren kaum etwas veändert - die Gaststätte Brenner gibt es immer noch, sie gehört zu den ältesten in Essen. Foto: IG Rüttenscheid
Die Bertholdstraße im Jahr 1916. Foto: IG Rüttenscheid
Die Kath. Kirche St. Ludgerus im Jahr 1908. Foto: IG Rüttenscheid
Es folgen Aufnahmen aus dem Wandkalender "Rüttenscheid im Wandel" der IGR (2014). hier Messe/Grugapark: Eine ungewohnte Luft-Ansicht aus dem Jahr 1929 zeigt die Anfänge der 1913 eröffneten Messe: Hinter dem Hauptportal und Ehrenhof, wo sich heute der Parkplatz P1 befindet, liegt die 1927 von Josef Rings als Mehrzweckhalle konzipierte, 98 Meter lange Halle fünf. Sie soll bereits 1958 wieder weichen – auf ihren Fundamenten wird die Grugahalle erbaut, die Architekturgeschichte schreiben soll. Ferner zeigt die historische Aufnahme links ein katholisches Kloster und die Polizeikaserne. Schöne Anekdote am Rande: 1929 hinterlässt die Große Ruhrländische Gartenbauausstellung den als Gruga bekannten Park – seine Ursprünge gehen damit auf eine Veranstaltung der Messe zurück, was man heute fast als Ironie bezeichnen könnte. Foto: IGR
Glückaufhaus und Filmstudio: Kaum ein anderes Gebäude hat eine solch wechselvolle Geschichte hinter sich: 1922/23 erbaut, war das Glückaufhaus im Dritten Reich Sitz der Gauleitung. Schließlich diente es bis 1999 dem Gesamtverband des Steinkohlebergbaus als Hauptverwaltungssitz. Nach langem Leerstand und Umbau unter Beibehaltung der denkmalgeschützten Fassade wird es seit 2009 als Bürogebäude genutzt. Foto: IGR
Das Motiv für den Monat Januar ist 1924 mit dem Blick in Richtung Innenstadt aufgenommen worden. Es zeigt links die ehemalige Gaststätte Jägerhof, später Haus Haller, und rechts Gebäudeteile der Großdruckerei von Wilhelm Girardet. Das Bild verdeutlicht den Strukturwandel, den Rüttenscheid gut 90 Jahre später vollzogen hat. Wo früher an schweren Druckmaschinen körperlich hart gearbeitet wurde... Foto: IGR
Gaststätte Eickenscheidt: 1907 fand hier, an der Ecke Matinstraße, der erste Parteitag der SPD im Ruhrgebiet hier statt. Später wurde das Gebäude als Haus Maas bekannt. Foto: IGR
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