Essen. . Manche Obdachlose suchen lieber offene Haustüren oder warme Dachböden als in Unterkünften zu übernachten. Hilfe gibt es bei verschiedenen Wohlfahrtsverbänden. Doch nicht jeder möchte sie wahrnehmen.
Ein 38-Jähriger steht vor dem Geschäft, hält den den Becher zitternd in der Hand. Lederjacke und Wollmütze wärmen bei den Temperaturen nicht mehr. Die Frau mit der Einkaufstüte in der Hand eilt vorbei, schaut ihn kurz mitleidig ein, schmeißt ein paar Cent in den Plastikbecher. Er nickt und bedankt sich freundlich.
Seit sieben Stunden wartet er nun bei Minusgraden in der Innenstadt, bis er ein paar Euro zusammen hat. Viel brauche er nicht, sagt er; wenn er sich zwischendurch etwas zu Essen und zu Trinken davon kaufen kann, war der Tag erfolgreich. Sein halbes Leben habe er schon auf der Straße verbracht, sagt der Mann, der seinen Namen nicht nennen möchte.
Er ist mal hier, mal dort. „Ist doch egal, wo ich bin, was ich mache oder wo ich schlafe“, nuschelt er. Nur jetzt, bei der Eiseskälte nachts, wenn die Temperaturen unter null Grad fallen, suche er lieber Unterschlupf bei Freunden. Denn er habe von jemandem gehört, der auf der Straße erfroren ist.
Michael ist da anders. Die Kälte hindert ihn nicht daran, die Nächte draußen zu verbringen. Johannes Bombeck von der Suchthilfe Direkt erzählt von dem 41-Jährigen Mann, der stark drogenabhängig ist und seit fast 20 Jahren auf der Straße lebt. Auch bei frostigen Nächten schläft Michael im Freien. „Nachts sucht er sich über den Lüftungsschächten größerer Gebäude ein Plätzchen zum Schlafen“, erzählt Bombeck. Die Wohnungslosen berichten ihm von den Möglichkeiten, wo sie unterkommen, wo sie der Kälte entkommen.
Niemand muss in Essen draußen schlafen
„Wenn irgendwo Haustüren offen stehen, nutzen die Wohnungslosen das manchmal als Chance, um in Kellern oder auf Dachböden zu übernachten.“ Neben den eher illegalen Schlafstätten gibt es aber durchaus Orte in der Stadt, wo sie immer Hilfe und Unterschlupf bekommen.
Laut Bernhard Munzel vom Diakoniewerk Essen müsse hier niemand draußen schlafen. Da gäbe es zum Beispiel die Notunterkunft an der Lichtstraße, die Notschlafstelle für Kinder und Jugendliche an der Kastanienallee oder auch die Bahnhofsmission.
Michael kennt all diese Stellen, er geht aber nicht hin. „Er ist ein Einzelgänger“, sagt Johannes Bombeck. Geld für etwas zu Essen oder für Drogen verdient sich Michael mit Betteln oder mit dem Verkauf der Obdachlosenzeitung. Ab und an kommt er in das Krisencafé der Suchthilfe. Er wärmt sich kurz auf, liest, redet mit Gleichgesinnten oder verstaut sein Gepäck in den Schließfächern.
Hier bekommt er auch für 30 Cent einen Kaffee oder eine warme Mahlzeit für 1,10 Euro. Es hält ihn nicht lang, nur kurz bleibt er, dann verschlägt es ihn wieder in die Kälte, nach draußen, dort, wo für ihn sein zu Hause ist.