Essen. Weil die Wohnungsgesellschaft  Gagfah auf  Ersatzteile für die defekte Heizung wartet, frieren 200 Mieter in Steele schon seit einer Woche. Die Gagfah spricht von einer Verkettung „unglücklicher Umstände“. Die Mieter mummeln sich ein und schalten bei Raumtemperaturen um zehn Grad den  Backofen an.

Eine Woche lang warteten 200 Mieter einer Hochhausanlage in Steele auf die Reparatur ihrer Heizung. Obwohl in den Wohnräumen Temperaturen um die zehn Grad herrschten, sah sich die Wohnungsbaugesellschaft Gagfah außer Stande, früher Abhilfe zu schaffen.

Für Mathilde Fischer war es ein Schock, als sie vergangene Woche in ihre Wohnung kam: „Ich hab’ einen neuen Herzschrittmacher eingesetzt bekommen, bin am Donnerstagmorgen aus dem Krankenhaus entlassen worden – und hier war es eiskalt.“ Die 78-Jährige rief bei der Gagfah an und hörte, das Problem sei bekannt. Geschehen sei nichts: „Ich rief öfter an, wurde nur vertröstet.“

„Ich trage Hausanzug, Strickjacke und Weste übereinander“

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Nun setzt sie sich zu den Mahlzeiten vor den geöffneten Backofen in der Küche: Trotz Ofen zeigt das Thermometer bloß zwölf Grad an. „Ich trage Hausanzug, Strickjacke und Weste übereinander.“ Zum Fernsehen wickelt sie sich in eine Wolldecke, macht sich eine Wärmflasche und schaltet ein Elektroöfchen ein. „Wer kommt nachher bloß für die Stromkosten auf?“, fragt Mathilde Fischer, die seit 40 Jahren in der Wohnung am Hünninghausenweg 20 lebt: „Sowas hab’ ich noch nie erlebt“.

Bei der Gagfah stellt man den langen Heizungsausfall als Verkettung unglücklicher Umstände dar. Am Mittwoch vergangener Woche (25. Januar) habe der Notdienstmonteur die Heizungsanlage für die Häuser Hünninghausenweg 20-24 angesehen und festgestellt, „dass die Hubschnecke des Brenners der Heizung defekt war“, heißt es in einer Stellungnahme von Pressesprecherin Bettina Benner. Per Handbetrieb habe der Monteur die Heizung zeitweilig zum Laufen gebracht. „Diese Entstörung musste noch einmal vorgenommen werden, d.h. aber die Heizung ist nicht komplett ausgefallen.“

200 Mieter ohne Heizung

Laura und Beate Pick vor dem heizungslosen Gagfah Wohnblock in Essen Steele.
Laura und Beate Pick vor dem heizungslosen Gagfah Wohnblock in Essen Steele. © WAZ FotoPool
Dezenter Hinweis auf die technische Störung.
Dezenter Hinweis auf die technische Störung. © WAZ FotoPool
Beate Pick berichtet im Hausflur über den Heizungsaufall.
Beate Pick berichtet im Hausflur über den Heizungsaufall. © WAZ FotoPool
Laura Pick wärmt sich in ihrem Zimmer mit einem Föhn.
Laura Pick wärmt sich in ihrem Zimmer mit einem Föhn. © WAZ FotoPool
Warten auf die Handwerker.
Warten auf die Handwerker. © WAZ FotoPool
Mathilde Fischer wärmt sich in ihrer Küche am Backofen...
Mathilde Fischer wärmt sich in ihrer Küche am Backofen... © WAZ FotoPool
...bei 13,4 Grad...
...bei 13,4 Grad... © WAZ FotoPool
...muss man sich...
...muss man sich... © WAZ FotoPool
...warm einpacken.
...warm einpacken. © WAZ FotoPool
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Das benötigte Ersatzteil sei „sofort bestellt“ und am Montag, 30. Januar – fünf Tage nach dem ersten Ausfall – eingebaut worden. Dabei sei festgestellt worden, „dass die Hauptplatine defekt ist“. Auch sie habe man bestellen müssen. Die Folge für die empörten Mieter: Am Mittwoch erwachten sie erneut frierend in ihren ungeheizten Wohnungen.

„Ich hab seit Montag Urlaub – und nun halte ich es zu Hause nicht aus“

„Ich hab seit Montag Urlaub – und nun halte ich es zu Hause nicht aus“, ärgert sich Beate Pick. Ihre Tochter Laura (21), die ein Freiwilliges Soziales Jahr macht, flieht an ihrem freien Tag aufs Solarium – und greift abends beim Fernsehen zum Fön. Nachteil dieser Warmluftzufuhr: „Ich muss den Fernseher sehr laut stellen.“ Für die Reparaturdauer hat sie kein Verständnis: „Es herrscht Frost, da kann man sich doch nicht ewig Zeit lassen, um Ersatz zu beschaffen.“

Gagfah-Sprecherin Bettina Benner sieht das anders: Man habe „unverzüglich“ reagiert, doch müsse bei der Bestellung von Ersatzteilen „mit einer gewissen Lieferfrist gerechnet werden“. Sollte die Reparatur im Laufe des Mittwochs nicht gelingen, werde „ein Aggregat aufgestellt, das die Wohnungen beheizen wird“. Warum man auf diese Lösung bei den aktuellen Außentemperaturen erst nach einer Woche – und einigen Medienanfragen – kam, verrät die Gagfah nicht.

So hält sich Essen warm

Andreas Seegenschmiedt (23):
Andreas Seegenschmiedt (23): "Ich habe glücklicherweise gestern einen warmen Schal von meiner Mutter geschenkt bekommen. Den trage ich nun. Dazu noch Mütze und Handschuhe und wenn es so richtig, richtig kalt ist, am besten noch Ski-Unterwäsche. Zwischendurch wärmt ein Kaffee." Foto: Olaf Fuhrmann © WAZ FotoPool
Anna-Maria Sumic (34):
Anna-Maria Sumic (34): "Vorgestern habe ich zu Hause gebacken. Da habe ich die Backofentür anschließend absichtlich weit offen stehen lassen, um die Wärme heraus zu lassen. Auch gut gegen Kälte wirkt, viele Kerzen anzuzünden. Und man sollte besonders dicke Wollsocken tragen."Foto: Olaf Fuhrmann © WAZ FotoPool
Tio Pepe (50):
Tio Pepe (50): "Ganz ehrlich, ich versuche bei diesem Wetter so wenig wie möglich draußen zu sein. Mir ist das zu kalt. Stattdessen gehe ich lieber irgendwo hinein. Und am Abend trinke ich dann ein Gläschen Rotwein oder zünde mir ein paar Kerzen an. Die wärmen auch." Foto: Olaf Fuhrmann © WAZ FotoPool
Thomas und Christina Ciceaski:
Thomas und Christina Ciceaski: "Bei uns zu Hause fiel vor Kurzem drei Tage lang die Heizung aus. Wir haben uns zu Hause auf die Couch gesetzt und uns unter einer einer Wolldecke gewärmt. Kuscheln ist ein sehr gutes Rezept gegen diese Eiseskälte." Foto: Olaf Fuhrmann © WAZ FotoPool
Marie Hellmann (21):
Marie Hellmann (21): "Was ich mache, wenn mir kalt ist? Dann erinnere ich mich einfach an mein letztes Wochenende. Das habe ich in Paris verbracht. Es waren zum Glück noch 15 Grad, also war mir nicht kalt. Wenn ich an die schönen Tage zurück denke, wärmt mich das von innen richtig auf."Foto: Olaf Fuhrmann © WAZ FotoPool
Plamen Laczarov (29):
Plamen Laczarov (29): "Bei diesem Wetter sollte man oft in die Sauna zu gehen. Ich gehe regelmäßig, drei Mal in der Woche. Das ist nicht nur schön warm, sondern bringt auch den Kreislauf in Schwung. Sport ist ebenfalls ein perfektes Mittel, um sich warm und fit zu halten." Foto: Olaf Fuhrmann © WAZ FotoPool
Gudrun Dahlmann (72):
Gudrun Dahlmann (72): "Gegen die Kälte schütze ich mich mit viel Bewegung. Ich bin oft draußen unterwegs. Wichtig ist, dass die Füße warm sind. Mein Tipp: Einlegesohlen und dicke Socken. Ich mache viel Sport. Ein gesunder fitter Körper friert nicht so schnell." Foto: Olaf Fuhrmann © WAZ FotoPool
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