Essen. Die Ausrichtung der muslimischen Grabfelder auf dem Friedhof Am Hallo machen den Friedhof im Essener Norden zunehmend auch für außerhalb Essen lebende Muslime interessant. Die Möglichkeit, ihre Angehörigen mit Blick gen Mekka beerdigen zu können, nutzen Muslime aus ganz Nordrhein-Westfalen.
Das muslimische Grabfeld auf dem Friedhof Am Hallo entwickelt sich – wenn man das in diesem Zusammenhang so sagen darf – zu einer Erfolgsgeschichte. Muslime aus ganz Nordrhein-Westfalen lassen ihre verstorbenen Angehörigen dort bestatten. Denn die Ausrichtung der dortigen muslimischen Grabfelder ermöglicht es, die Toten mit Blick gen Mekka zu beerdigen. Oder wie es Bestatter Mustapha El-Founti formuliert: „Die Richtung stimmt.“
Dieser für Muslime entscheidende Faktor sorgt für steigende Bestattungszahlen auf dem Hallo-Friedhof - auch von auswärtigen Muslimen. Mit Kosten von derzeit rund 1840 Euro liegt eine Bestattung auf dem muslimischen Grabfeld dabei deutlich über denen für ein normales Reihengrab auf den städtischen Friedhöfen; dies kostet aktuell 1150 Euro. Der neue Bestattungs-Tourismus könnte auch mit Blick auf die Finanzen der städtischen Friedhöfe interessant sein: Im Jahr 2010 machten diese nämlich fast eine Million Euro Verlust.
Gute Zusammenarbeit
Bereits seit 1972 gibt es ein Grabfeld für Muslime auf dem Friedhof Am Hallo, Mitte 2010 wurde ein weiteres im oberen Friedhofsbereich geschaffen. „Seit dem neuen Bestattungsgesetz von 2003 ist eine Bestattung auch ohne Sarg möglich“, weiß Hans-Joachim Hüser, der als Sachgebietsleiter für die Friedhöfe bei Grün und Gruga arbeitet. Die Beerdigung allein im Leichentuch, wie es nach islamischen Regeln vorgeschrieben ist, sei dennoch immer noch relativ selten auf dem Grabfeld Am Hallo, so Hüser.
Aus Unna, aus Dortmund, selbst aus Köln kommen Muslime nach Essen, um dort ihre Verwandten beerdigen zu lassen. „Das Grabfeld ist so ausgerichtet, dass wir unsere Toten Richtung Mekka betten können“, erklärt Mustapha El-Founti, Essener Leiter eines islamischen Bestattungsinstituts. „Wir können morgens anrufen und eine Bestattung noch am selben Tag durchführen“, lobt El-Founti die Zusammenarbeit mit der Friedhofsverwaltung.
Deutschland ist zweite Heimat
Seit der Freigabe des neuen Grabfeldes sind dort bereits über 30 Bestattungen durchgeführt worden. Die Entscheidung für eine Bestattung in Deutschland und gegen eine Überführung in das jeweilige Heimatland, sei dabei immer von mehreren Faktoren abhängig, weiß Wais Nassery, seit langem in Essen heimischer Afghane. „Wenn du über 20 Jahre in Deutschland lebst, dann ist das deine zweite Heimat. Dann fragst du dich schon, ob in absehbarer Zeit einer von uns in die alte Heimat zurückkehren wird und ein Grab dort Sinn macht“, erzählt Nassery.
Heimat - wie bedeutend dieser Begriff ist, wenn man einen Angehörigen beerdigen und für ihn die Frage nach dem Wo beantworten muss, erlebt der Bestatter Mustapha El-Founti immer wieder. „Wer sich für die Bestattung in Deutschland entscheidet, tut dies meist, um die Gräber der Angehörigen in der Nähe zu haben.“ Mit der Möglichkeit, auch an Samstagen bestatten zu können, kommt die Friedhofsverwaltung den Muslimen in einem weiteren wichtigen Punkt entgegen. „Viele Familien sind über ganz Deutschland verteilt und haben eine weite Anreise, da macht es ein Bestattungstermin am Samstag einfacher, alle Angehörigen dabei zu haben“, erzählt Nassery, „das ist längst nicht überall so. Hier in Essen sind unsere Möglichkeiten wirklich sehr gut.“