Essen. . Petra Schütte wurden im Jahr 2001 im St. Josef-Krankenhaus Implantate des Hersteller Rofil eingesetzt. Im Mai 2011 lief ausgerechnet im Urlaub auf Ibiza eines der Gelkissen aus. Das Krankenhaus betont, man habe bis Januar 2012 keine Infos gehabt - zwei Jahre, nachdem die Implantate vom Markt genommen waren.

So sehr im Hintergrund, in Fachkreisen schwelte seit Jahren die Debatte um Billig-Brustimplantate, dass sie glatt an Petra Schütte vorbei lief. Dabei hätte sie diese Diskussion etwas angegangen. Denn auch ihr wurden im Juli 2001 im Kupferdreher St. Josef-Krankenhaus Implantate des Herstellers Rofil eingesetzt. Und zwar aus einer Charge, vor der das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) neun Jahre später, also im Juni 2010, öffentlich warnte und Medizinern empfahl, betroffene Patientinnen zu informieren, damit diese die Implantate untersuchen lassen konnten.

„Aber bei mir hat sich nie jemand aus dem St. Josef-Krankenhaus gemeldet. Darum habe ich auch gar nicht damit gerechnet, dass etwas nicht in Ordnung sein könnte, zumal man mir vor dem Einsetzen der Implantate versichert hatte, dass das Material, das benutzt wird, sehr hochwertig sei.“

Neun Jahre also lebte Petra Schütte mit der Prothese und dachte sich nichts dabei, als sie im Mai 2011 häufiger ein Ziehen unter der linken Achsel verspürte. „Wir haben zu dieser Zeit viel im Garten gearbeitet, ich dachte, das wäre ein Muskelkater.“ Bis sie eines Morgens mit starken Schmerzen wach wurde. „Dann habe ich gesehen, dass die Brust stark geschwollen war.“

„Viel gelbliche Flüssigkeit, schmutzig aussehend“

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Zu diesem Zeitpunkt befand sich Petra Schütte auf Ibiza, ihren vertrauten Arzt konnte sie nicht aufsuchen, „also bin ich ins Krankenhaus gefahren“, wo man in einer Notoperiation die gebrochene Prothese entfernte und „viel gelbliche Flüssigkeit, schmutzig aussehend“ aus ihrem Oberkörper wusch, wie im OP-Bericht zu lesen ist.

Die Krux: Auch zu diesem Zeitpunkt, da die Warnungen vor dem Rofil-Implantat auf der BfArM-Internetseite seit fast einem Jahr veröffentlicht waren, hatte Petra Schütte noch niemand informiert – so war sie zwar unzufrieden mit der Implantat-Qualität. Dass man ihr Bausilikon eingesetzt hatte, ahnte sie jedoch noch immer nicht. So beharrte sie nicht auf weitergehenden Untersuchungen. „Es wurden keine Gewebeproben genommen. Ich weiß nicht, ob ich mit Folgeschäden rechnen muss.“

Um nun sicherheitshalber das rechte Implantat austauschen, in die linke Brust ein neues einsetzen zu lassen, ging sie im Juli 2011 erneut ins St. Josef-Krankenhaus. Gewarnt worden sei sie dort noch immer nicht. Auch habe man ihr nicht gesagt, ob das rechte Gelkissen nach dem Entfernen eingehend begutachtet worden sei. „Bis heute weiß ich nicht, ob Silikon aus dem Implantat ,ausgeschwitzt’ ist. Die­ Ungewissheit ist schlimm.“

Weitere Patientin ließ Implantate vorsorglich entfernen

Nun überlegt sie, einen Anwalt einzuschalten. Schließlich: „Wäre ich im Jahr 2010 bereits informiert worden, hätte ich beide Implantate wesentlich früher austauschen lassen.“ Den Bruch des Gelkissens habe sie schließlich nicht riskieren wollen. Doch die Klinik argumentiert, man habe weder von der Warnung des Bundesinstituts noch von den kontroversen Diskussion in der Branche gewusst. Sei vielmehr erst am 4. Januar 2012 - also eineinhalb Jahre nach öffentlicher Warnung und zwei Jahre, nachdem die Implantate vom Markt genommen werden mussten - durch Fachgesellschafen informiert worden, wie Krankenhaus-Sprecherin Tanja Liebelt erklärt.

Vorsorglich ließ auch eine weitere Patientin - der Gelkissen aus der gleichen betroffenen Charge eingesetzt worden waren - die Brustimplantate entfernen. Die Information fand auch sie - im Zuge des Skandals um die Rofil-Implantate - im Internet auf der BfArM-Seite. „Nachdem wir uns an das Krankenhaus gewendet haben, war man dort aber sehr entgegenkommend“, sagt die 39-Jährige. Der Wechsel der Implantate sei zufriedenstellend gewesen.

Eine dritte Frau wandte sich jetzt an ihren Anwalt. Sie wurde - wie 81 weitere Patientinnen - am 14. Januar schriftlich informiert und damit zwei Jahre, nachdem die Implantate vom Markt genommen wurden.