Essen. . Manch einer fürchtete eine große Versorgungslücke, als die Zivis mit Abschaffung der Wehrpflicht wegfielen und stattdessen der Bundesfreiwilligendienst eingeführt wurde. Das Gegenteil scheint in Essen der Fall: In Kliniken musste manchem „Bufdi“ sogar abgesagt werden. Essen hat inzwischen 278 Bundesfreiwillige.

Im Vorjahr endete die Wehrpflicht, die Zivildienstleistenden verschwanden. Dafür startete der Bundesfreiwilligendienst – eher schleppend. Essen hat inzwischen 278 Bundesfreiwillige, Bufdis genannt, (Stand 1.1.2012) und Einrichtungen, die Bewerber-Anstürme erlebten, während andere weiter um Bufdis buhlen.

So waren die Johanniter „in Riesensorge, als die Zivis weg waren“, erinnert sich Thomas Mehlkopf, Personalleiter der Essener Johanniter. Dann war die Nachfrage bei ihnen zeitweise größer, als die Zahl der Stellen (56), die sie an Freiwillige zu vergeben haben. Vielleicht auch dank seiner Marketing-Startegie: Anzeigen in Schülerzeitungen.

„Den Andrang haben wir in den kühnsten Träumen nicht erwartet“

Auch das Alfried-Krupp-Krankenhaus hat in der Hochphase Bewerber ablehnen müssen. Jetzt sind alle 53 Stellen in Rüttenscheid und Steele vergeben. So kümmert sich Carmen Weiß (19) um Patienten, weil sie nach dem Abi auf einen Medizin-Studienplatz wartet. Kim-Linda Scholz (20) prüft im Klinikalltag, ob sie wirklich Gesundheits- und Krankenpflegerin werden will.

„Den Andrang haben wir in den kühnsten Träumen nicht erwartet“, sagt Personalreferent Marc-Alexander Danlowski. Allerdings sei die Fluktuation durch die Freiwilligkeit größer als zu Zivi-Zeiten: Wer einen Ausbildungs- oder Studienplatz erhält, der ist weg. Einen Wunsch hat Danlowski dann doch noch: „Mehr ältere Bufdis.“ Für die gibt es im Gegensatz zum Freiwilligen Sozialen Jahr (bis 27 Jahre) keine Altersbeschränkung.

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Den Wunsch teilt Fabienne Soddemann, Personalreferentin beim Arbeiter-Samariter-Bund. Mit 18 Bufdis, von denen zwei älter als 27 sind, sei ihr Bedarf zwar gedeckt, vereinzelt sei etwas möglich. Eine große Nachfrage habe der Kinder- und Jugendbereich.

„Wir sind aktuell voll“, sagt auch Norbert Schunk, Abteilungsleiter der ambulanten Dienste der AWO. Zwar hätten sie nicht so viele Bewerber wie Stellen, aber mit zehn Freiwilligen bei den mobilen sozialen Hilfsdiensten und fünf bei Essen auf Rädern hätten sie sich eingerichtet. Weil vor allem dieser Service notwendig sei, beschäftigen sie bei Bedarf nun auch Aushilfen.

Das Rote Kreuz hat ebenfalls nach dem Wegfall der Zivis Leute für den Fahrdienst für Schwerbehinderte eingestellt. Allerdings befristet, sagt Personalreferentin Martina Sobik. Die Zahl der Fahrten haben sie dennoch reduzieren müssen. Zuletzt hatten sie 45 Zivis. Als im Juli Schluss war, da „hatten wir einen Bufdi“, sagt Sobik. Heute gibt es 36. „Wir sind nicht zufrieden, liegen aber nicht am Boden“, sagt Martina Sobik. Im Februar geht sie in die Schule und stellt Abiturienten den Freiwilligendienst vor.

Größere Belastung

Bernhard Munzel, Sprecher des Diakoniewerks in Essen, geht ebenfalls in die Offensive, allerdings will er freie Stellen im Internet bewerben. 24 Plätze haben sie und derzeit drei Bufdis in der Behindertenhilfe und im Diakonieladen. Schleppend lief der Start auch im Franz-Sales-Haus, wo sich zunächst nicht eine der 20 Bufdi-Stellen besetzen ließ. Nun sind es sechs. „Wir müssen die Freizeit-Angebote jetzt anders planen“, sagt Personalchefin Angela Holtkamp. Das bedeute vor allem eine größere Belastung für die Mitarbeiter.

Schwierigkeiten hat manches Altenheim, Freiwillige für ehemalige Zivi-Stellen zu rekrutieren. Fünf waren es in den drei Häusern der Adolphi-Stiftung, sagt Hildegard Naujokat, die nicht einmal die Hälfte besetzt hat. Nun gibt es zwei Bufdis, die mit den Senioren spazieren gehen oder spielen.