Essen. Bunt, laut und vor allem ziemlich schnell geht es zu, wenn die Grundschüler der Tuttmannschule ihre Reaktionsfähigkeit verbessern. Die Jungen und Mädchen spielen im Rahmen einer AG „Sport Stacking“ - Becher stapeln für Fortgeschrittene. Dabei kommt es bei weitem nicht nur auf Schnelligkeit an.

„Klack klack klack“ - das ungewohnte Geräusch ist bereits auf dem Flur zu hören, steigert sich beim Öffnen der Tür und nimmt in dem vollen Klassenraum fast ohrenbetäubende Ausmaße an: Wenn die Schüler der Tuttmann-Grundschule ihrem neuen Hobby nachgehen, dann wird es laut: Michael, Fernando und Justin stapeln Becher.

„Man muss möglichst schnell bestimmte Figuren stapeln“, erklärt Fernando das Spiel, das unter dem Namen „Sport Stacking“ immer mehr Anhänger auch in Deutschland findet. Der Neunjährige ist einer von 15 Schülern der Tuttmannschule, die seit gut anderthalb Jahren jeden Montag fleißig bunte Becher stapeln. Was erst einmal nach wildem Figuren bauen mit Plastikspielzeug klingt, erweist sich in der Praxis als ganz schön kompliziert - und schweißtreibend. „Das ist ziemlich anstrengend,“ weiß der neunjährige Mergim.

Geschwindigkeit ist nicht alles

In möglichst kurzer Zeit die Becher zu Pyramiden aufzubauen und in festgelegter Reihenfolge auch wieder abzubauen - wer das ohne Fehler beherrscht, muss schon eine Weile üben. In der Tuttmann-Grundschule sorgt Axel Richter für die notwendige Fingerfertigkeit. Als Trainer der International Sport Stacking Federation weiß er genau, worauf es beim Stapeln ankommt: „Klar, ist die Geschwindigkeit wichtig, aber auch die Einhaltung der Regeln ist ganz entscheidend, wenn ein Versuch gültig sein soll.“

Ein Zeitmesser, auf den zu Beginn beide Hände kurz abgelegt werden, stoppt die Zeit, die der Spieler braucht, um die geforderte Figur zu stapeln und wieder abzubauen - erst dann dürfen die Hände wieder die Zeitmesser-Oberfläche berühren. „Da gibt es auf Turnieren natürlich ganz Geschickte, die während sie noch den Becher in der Hand haben, gleichzeitig schon das Messfeld berühren“, kennt Richter so manche Tricks der Großen.

Dass ihre Schüler ganz ohne Tricks und quasi spielerisch ihre Konzentrations- und Reaktionsfähigkeit beim Sport Stacking verbessern, freut Charlott Mika. Die Lehrerin ist regelmäßig in der Arbeitsgemeinschaft dabei, wenn ihre Schützlinge Becher stapeln. „Das ist für die Kinder ein wunderbarer Ausgleich zum Unterricht. Mit dem Angebot wollen wir vor allem Jungen ansprechen“, erklärt die Pädagogin die Idee hinter der ungewöhnlichen Sportart. Während es die Mädchen in die Tanz- und Musik-AGs zieht, blieben ihre männlichen Mitschüler diesen zusätzlichen Angeboten bisher eher fern. Doch Becher stapeln - das scheint zumindest in der Tuttmann-Grundschule ganz klar ein Ding der Jungen zu sein. „Es interessieren sich aber auch immer mehr Mädchen dafür“, berichtet Axel Richter. 

Becher stapeln fördert die Konzentration

Durch das schnelle Wechselspiel von linker und rechter Hand beim Greifen der einzelnen Becher wird die Zusammenarbeit der beiden Gehirnhälften intensiv gefördert - ein Nutzen, den Charlott Mika und ihre Kollegen im Unterricht spüren. „Die Kinder können sich einfach besser konzentrieren.“ Ganz besonders konzentrieren müssen sich gerade Dustin und Mergim. Die beiden Freunde versuchen sich am gemeinsamen Sport Stacking. Der eine mit links, der andere mit rechts - doch wer nimmt jetzt welchen Becher? „Manchmal sind wir uns noch nicht ganz einig“, lacht Dustin und schnappt seinem Freund den roten Becher weg. Klack klack klack - schon steht die Pyramide.