Essen. . Das Gefängnis wäre die logische Reaktion der Justiz gewesen. Aber Amtsrichter Emmerich Zellhorn ersparte einem notorischen Schwarzfahrer am Mittwoch die einmonatige Haftstrafe ohne Bewährung und erkannte auf 600 Euro Geldstrafe (60 Tagessätze).

„Eigentlich ist die Lösung des Falls ganz einfach“, hatte der Richter schon in der Beweisaufnahme auf die drohende Haftzeit hingewiesen. Seit 2007 war der 26 Jahre alte Angeklagte aus Essen 15-mal als Schwarzfahrer aufgefallen.

Mehrfach war eine Geldstrafe verhängt worden, zuletzt eine sechsmonatige Haftstrafe, ausgesetzt zur Bewährung. Doch schon vier Monate nach dem Urteil, im Mai, fehlte ihm in der Linie 106 wieder einmal der gültige Fahrausweis. Ein krasser Bewährungsversager. „Mal zu Fuß gehen, Fahrrad reparieren“, riet der Richter.

Geistige Behinderung

Geistig behindert ist der Angeklagte, der seit dem Jahr 2005 unter Betreuung steht. Sieben Jahre lang hat er im CVJM-Heim in der City gewohnt, auch jetzt lebt er im betreuten Wohnen. Dass er nicht ohne Fahrausweis Bus oder Bahn fahren darf, weiß er. „Ich habe mein Ticket 1000 zu Hause“, hatte er im Mai die Kontrolleure belogen.

Bewährungshelferin Katja Marpe hatte auf die Probleme des Angeklagten hingewiesen, der auch schon als Jugendlicher ohne Ticket in Bus und Bahn erwischt und bestraft wurde. Diese Jugenddelikte sind mittlerweile aus dem Register gelöscht. Ob das Gefängnis sinnvoll sei, um ihn wieder auf den richtigen Weg zu bringen, daran zweifelte sie.

Referendarin Fabienne Gonska, sie vertrat die Staatsanwaltschaft, sah aber keine andere Möglichkeit. Der Angeklagte hätte sich bisher weder von Geld- noch von Haftstrafen zur Bewährung beeindrucken lassen. Deshalb sei jetzt ein Monat Gefängnis ohne Bewährung „zur Einwirkung auf ihn unerlässlich“.

Leben im Griff

Auch Verteidiger Michael Noll sah letztlich keine Alternative zur Freiheitsstrafe, bat aber um Bewährung: „Er hat sein Leben im Griff, wenn das Schwarzfahren nicht wäre.“

„Eigentlich hätte es Gefängnis geben müssen“, begründete Richter Zellhorn sein Urteil, „ich habe trotzdem eine Geldstrafe verhängt“. Er erinnerte an das Gutachten aus dem Jahr 2005 über die geistige Behinderung und sprach von eingeschränkter Schuldfähigkeit des Angeklagten.

Da außer Schwarzfahren keine anderen Straftaten verzeichnet seien und nur geringer Schaden entstanden sei, sah er die Geldstrafe als ausreichend an. Den Angeklagten warnte er: „Irgendwann läuft das Fass über, und Sie müssen doch ins Gefängnis. Testen Sie nicht, wann es soweit ist.“