Rom/München. Die katholische Kirche hat den Kurznachrichten-Dienst Twitter für sich entdeckt. Nicht nur der Vatikan veröffentlicht kurze Botschaften, auch das Bistum Essen ist aktiv. Die Pressestelle berichtet bei Twitter rund um Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck.
Kardinal Gianfranco Ravasi ist ein Vorreiter der katholischen Kirche. Kein Tag vergeht, an dem der Präsident des Päpstlichen Kulturrates nicht sein Nutzerkonto bei Twitter, dem Internetdienst für Kurzbotschaften, füttert. "Fallen ist weder gefährlich noch eine Schande. Liegenbleiben ist beides" twitterte er etwa am zweiten Adventssonntag. Es war ein Zitat von Konrad Adenauer, das der Kardinal da den rund 5000 Abonnenten seines Twitter-Kontos als Botschaft aus dem Vatikan für die Weihnachtszeit mit auf den Weg gab. Von einem deutschen Kardinal wäre solch eine Botschaft nicht zu bekommen - beim Twittern besteht beim deutschen Klerus Missionierungsbedarf.
Ende Juni hatte auch Papst Benedikt XVI. einen Tweet, so heißen die Kurznachrichten, verbreitet. "Liebe Freunde, ich habe gerade www.news.va gestartet. Gelobt sei unser Herr Jesus Christus. Mit meinem Gebet und Segen. Benediktus XVI.", hieß seine Botschaft. Seither übernehmen für den 84-jährigen Papst allerdings Redakteure das Verbreiten von Kurznachrichten.
Prägnante Sprache für religiöse Kommunikation
Für Ravasi, der im Umgang mit den Medien zu den profiliertesten Kardinälen zählt, ist das Twittern dagegen Alltag geworden. Die "knappe und prägnante Sprache" von Twitter könne auch der religiösen Kommunikation etwas bringen, glaubt der Kardinal. Der 69-Jährige verfolgt ein klares Ziel: Er wolle, dass die Religion auch für die Jugend wichtig bleibe, sagte er immer wieder in Interviews, mit Twitter könne er die an Fernsehen und Internet gewöhnte Generation besser erreichen. "Ein Kind, das den ganzen Nachmittag vor einem Computerbildschirm verbringt, hat eine andere Art zu kommunizieren als wir. Wir wollen ein Teil dieser minimalen, beinahe schon mikroskopischen Kommunikation der Tweets werden."
Ravasi verschickt Bibelzitate ebenso wie Zitate von Schriftstellern wie Mark Twain, manchmal handelt es sich um fromme Botschaften, dann wieder um kleine Aufheiterungen im Alltag. Unter den nahezu 200 Kardinälen in aller Welt ist Ravasi allerdings ein Exot: Nur vereinzelt machen die Purpurträger von dieser Möglichkeit Gebrauch, etwa der Brasilianer Odilo Scherer, der US-Amerikaner Sean Patrick O'Malley, der Italiener Angelo Scola oder der Südafrikaner Wilfrid Fox Napier.
Wer bei den deutschen Kardinälen wie dem Münchner Reinhard Marx, dem Kölner Joachim Meisner oder dem Mainzer Karl Lehmann nach einem persönlichen Twitter-Konto sucht, wird enttäuscht. Keiner von ihnen versendet Kurzbotschaften. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, hat zwar ein Twitter-Konto. Die knapp 500 Abonnenten bekommen von Zollitsch allerdings nur ein freundliches Porträtbild zu sehen, wenn sie schauen wollen, was der Erzbischof gerade so zu verkünden hat. Bei der Zahl der von Zollitsch versandten Kurznachrichten steht noch die Null - Zollitsch hat sich lediglich ein Konto unter seinem Namen gesichert, damit nicht ein Scherzbold in seinem Namen twittert.
Kernsätze einer Predigt
Anders sieht es in den Bistümern aus. Verschiedene Bistümer sind bei Twitter aktiv, mit deutlich unterschiedlichen Akzenten. Wer etwa dem Bistum Limburg folgt, bekommt zwar täglich eine Kurznachricht. Mit dem Wirken des Bischofs Franz-Peter Tebartz-van Elst befassen diese sich allerdings meist nicht. Das Bistum nennt jeden Tag die Vornamen, die gerade Namenstag haben.
Näher an der Botschaft des Bischofs Franz-Josef Overbeck ist dagegen das Bistum Essen. "Zwei, drei Kernsätze einer Predigt" twittere er immer wieder, sagt Bistumssprecher Ulrich Lota. Nicht, dass sich nicht die ganze Predigt lohnen würde - aber über Twitter erreiche das Bistum viele Menschen, die sonst gar nichts von den Predigten mitbekommen würden, sagt Lota. Doch Overbeck überlässt wie auch die anderen Bischöfe in Deutschland das Twittern lieber seiner Pressestelle - "er twittert nicht selbst, nimmt das aber mit großem Interesse wahr". (afp)