Essen. Für immer mehr Promis ist Twitter ein angenehmer Weg, direkt mit ihren Fans zu kommunizieren. Doch die Gefahr, sich mit den schnellen Kurznachrichten zu blamieren, ist groß. Nun wagt Frank Elstner das Experiment und will hundert Tage lang täglich twittern. Ein Lagebericht von Tag zwei.
Frank Elstner ist nicht mehr der Jüngste. 70 wird er im nächsten Jahr, um genau zu sein. Doch der Mann, der 1981 „Wetten Dass...?“ erfand, lebt immer noch am Puls der Zeit. Wie so viele Prominente, Politiker und mitteilsame Normalbürger hat auch Elstner vom Charme des Kurznachrichtendienstes Twitter erfahren. Spontan, unkompliziert und ohne allzu viel nachzudenken – so funktioniert das Kommunizieren in 140-Zeichen (besser noch, es sind ein paar weniger, dann fällt den „Followern“ das „Retweeten“ leichter). Für alle, die sonst ständig im Licht der Öffentlichkeit stehen und ihre Äußerungen mit der PR-Abteilung abstimmen müssen, ermöglicht Twitter etwas, was lange Zeit verloren schien: die direkte Kommunikation mit normalen Menschen.
Bushido teilt über Twitter mit, welche Reality-Soap er heute Abend schaut, Peter Altmaier, Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, diskutiert auf niederländisch, deutsch und englisch mit Usern über staatliche Totalüberwachung – und Frank Elstner, nun, der ist gerade noch in der Testphase.
730 Follower in 24 Stunden - Frank Elstner macht einen guten Schnitt
„Habe mich zu einem 100 Tage Twitter Experiment entschlossen. Mein Sohn sagt, "hält frisch". Mal sehen…“ twitterte er am 8. Dezember. Keine 24 Stunden später hat die TV-Legende schon 730 Follower, also Leute, die dabei sein wollen, wenn Elstner auf Twitter laufen lernt. Menschlich, normal und aufrichtig will er wirken. Ganz unbedarft fragt Herr Elstner seine „Leser“ alles, was er noch nicht kapiert.
„häääsch bitte was????“ lautet sein zweiter Tweet, doch kurz darauf ist der 69-Jährige schon schlauer: „ahja… "hashtag"… sonst noch was kompliziertes?“ Für alle, die jetzt nur Bahnhof verstehen: Ein hashtag ist ein Stichwort, dass mit der Rautetaste (englisch „hash“) gekennzeichnet wird, zum Beispiel #feuerwehr. Wer nach #feuerwehr sucht, dem werden alle Nachrichten angezeigt, die dieses Schlagwort enthalten. Das hashtag hilft also, Nachrichten nach bestimmten Themen zu ordnen. Das weiß jetzt auch Frank Elstner. Die Twitter-User helfen ihm gerne – auch wenn sie ihm noch nicht so ganz trauen. Das Internet hat sie zum Misstrauen erzogen, kann ja jeder sagen, er sei Frank Elstner und ihnen mit gefakten Fragen ihre Zeit stehlen.
Am Samstag twittert Elstner live aus dem SWR Studio
Doch Elstner schlägt zwei Fliegen mit einer Klappe. Nächsten Samstag, wenn im SWR seine Sendung „Menschen der Woche“ läuft, twittert er live, so sein Versprechen. Wer zusehen möchte, wie Elstner im Gespräch mit Jürgen von der Lippe abwesend auf seinem Smartphone herumtippt – und das könnten einige sein – der wird dem SWR am Samstagabend gute Quoten bescheren.
Wer einem Promi auf Twitter folgt, der will natürlich etwas anderes lesen als die immer gleichen Sprüche oder gar Ankündigungen im Pressemitteilungsjargon. Ein bisschen durchs Schlüsselloch schauen – wer den Kurznachrichtendienst ernst nimmt, muss seinen Fans auch das liefern – ohne peinlich zu sein oder zu viel zu verraten, versteht sich.
Auf Twitter zeigen sich Stars privat - ein schmaler Grat zwischen authentisch und peinlich
Kleine nichtssagende Alltags-Anekdoten mit Wiedererkennungswert – Pop-Sängerinnen oder altgewordene Tennisprofis können sich das leisten. Politikern wird davon abgeraten, ihrer Mutter über Facebook zum Geburtstag zu gratulieren – was zum Beispiel Boris Becker dieses Jahr tat. Doch Becker tauscht sich auch mit seinem Sohn Noah per Twitter über Urlaubspläne und Basketballspiele aus.
Ganz so weit wird es Elstner hoffentlich nicht treiben. Doch heute, am Tag zwei des Experiments, ist Twitter bereits ins Schlafzimmer der Elstners vorgedrungen: „Twitter Tag 2. Wach geworden und als erstes geschaut wie viele Follower ich habe. Meine Frau sagt "du hast sie doch nicht mehr alle"“ schreibt Elstner um 9 Uhr morgens. Das kommt an bei den Usern. WolfgangGodec antwortet: „Ha, dasselbe wie die Frau von Frank_Elstner hör ich von meiner auch ... oft. Sorry, Schnucki ;O)“, ein anderer kommentiert trocken: „herzlich willkommen im Teufelskreis ;-)“.