Essen. Der Deutsch-Iraner gibt sich entrüstet: Dass ausgerechnet ihm vorgeworfen wird, „Heil Hitler“ gerufen zu haben, sei großes Unrecht. Doch Amtsrichter Emmerich Zellhorn hat Anlass, die Wahrheitsliebe des 52 Jahre alten Angeklagten anzuzweifeln.

Es beginnt schon bei den Angaben zum Einkommen. Mit seinem Call-Shop in der City will der Familienvater und Alleinverdiener gerade mal 1200 Euro verdienen. So ganz passt das nicht zu der Eigentumswohnung, die er Monat für Monat mit 650 Euro abstottert.

Laut Anklage soll er am 14. April eine offenbar obdachlose Frau, die einen Internetplatz suchte, barsch aus dem Laden geschickt haben. Mit einem lauten „Heil Hitler!“ und dem zum „Führergruß“ erhobenen rechten Arm soll er die Frau verabschiedet haben.

Handwerksmeister erstattet Anzeige

Ein Handwerksmeister aus Bielefeld, dessen Eltern in Essen wohnen und der häufig in diesem Shop das Internet nutzt, hatte den Angeklagten angezeigt. Vor Gericht erzählt der 60-Jährige, dass er ihn nach der Szene zur Rede gestellt hätte. Der Mann sei aber nicht einsichtig gewesen: „Er sagte, die Nazis sind alle meine Freunde.“ Und mit einem Kopfschütteln: „Das geht doch nicht. Ich bin dann in meiner Wut gleich zur Polizei.“

Der Angeklagte hatte zuvor feinsinnig bestritten: „Draußen ging ein Freund vorbei. Ich hob meinen Arm und grüßte ihn mit ,Hallo Halil!’“ Den Freund habe er als Zeugen benannt, er sei aber leider nicht gekommen. Den Richter überzeugt der Angeklagte mit der „Halil-statt-Hitler“-Variante nicht. Zellhorn: „Als ich Kollegen von dem Fall erzählte, habe ich große Heiterkeit erzielt. Sie sagten, dass es bei Angeklagten aus dem arabischen oder iranischen Raum öfter mal vorkomme, dass sie ,Hallo Halil’ gesagt haben wollen, wenn sie wegen ,Heil Hitler’ angeklagt werden.“

„Ich höre ausgezeichnet“

Den Zeugen fragt er, ob dieser sich vielleicht verhört hätte. „Ich höre ausgezeichnet“, sagt dieser. Der Angeklagte ergeht sich später in Verwünschungen: „Ich sage die Wahrheit. Er hat falsch verstanden. Wenn es Gott gibt, wenn es Recht gibt, dann bekommt er eine Strafe.“

Der Zeuge „Halil“, der sogar gerichtlich geladen wurde, fehlt weiterhin. Der Richter fragt, ob auf diesen nicht verzichtet werden kann, eventuell bekomme der sonst ein Verfahren wegen Falschaussage und der Angeklagte eines wegen Anstiftung dazu.

Keine Chance. Obwohl Verteidiger Hans-Georg Bothe sich kurz mit dem Angeklagten zurückgezogen hatte, will dieser weiterhin „Halil“ hören. Das Gericht wird sich um „Halil“ bemühen und ordnet wegen dessen Nichterscheinens vor Gericht 150 Euro ersatzweise drei Tage Ordnungshaft an.