Düsseldorf. . Der Sozialrichter Jan-Robert von Renesse kämpft seit Jahren für Entschädigungszahlungen für Überlebende des Holocaust. Ob es ihm dabei wirklich allein um die Sache geht und ihm Steine in den Weg gelegt wurden, um Zahlungen zu umgehen oder ob es ihm auch um gekränkte Eitelkeit geht: Der Rechtsausschuss des Landtags kam in seiner Sondersitzung zum Thema zu keinem klaren Urteil.
Ist er ein Querulant, der Karriereenttäuschungen nicht verwunden hat? Oder doch ein einsamer Kämpfer für Rentenansprüche von Holocaust-Überlebenden, der übel ausgebremst wird? Der Fall des international renommierten Juristen Jan-Robert von Renesse, Richter am Landessozialgericht Essen, spaltet den Landtag. Auch eine Sondersitzung des Rechtsausschusses, die nach der jüngsten Eskalation eines nicht alltäglichen Justizstreits nötig wurde, ließ kein eindeutiges Urteil zu. Renesse hatte sich zuletzt mit einem Brandbrief an den Landtag gewandt. Der 45-jährige Jurist aus Hamm, Sohn der SPD-Bundestagsabgeordneten Margot von Renesse und einst Büroleiter des NRW-Justizministers Jochen Dieckmann (SPD), fühlt sich vom Landessozialgericht kalt gestellt und vom aktuellen Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) allein gelassen. Seine Arbeit sei gezielt sabotiert und seine richterliche Freiheit unterlaufen worden.
Ansprüche anerkannt
Das ist besonders pikant, weil Renesse seit 2006 mit Verfahren zu Rentenansprüchen von ehemaligen NS-Ghettoarbeitern bekannt wurde. Anders als seine Kollegen wollte Renesse nicht länger auf Basis von anonymen Formularen urteilen, sondern befragte die hochbetagten Menschen in Israel und holte zahlreiche wissenschaftliche Gutachten ein. Die Überlebenden kamen immer häufiger zu ihrem Recht, so dass die Deutsche Rentenversicherung nachträglich Ansprüche anerkennen musste.
Spätestens als Renesse im April 2010 überraschend die Zuständigkeit für die NS-Opferrenten entzogen wurde und seine Bewerbung um einen Senatsvorsitz am Landessozialgericht scheiterte, begann ein erbitterter Kollegenstreit. Von Kungelei zwischen dem Gericht und der Rentenversicherung war die Rede. Renesse schrieb Dutzende Beschwerden, rief das Dienstgericht an. Vergeblich. Auch die Staatsanwaltschaft stellte ihre Ermittlungen schnell ein. Minister Kutschaty warf Renesse nun vor, Karriere-Erwartungen mit dem sensiblen Thema der NS-Opferrenten verquickt zu haben. Den Holocaust-Überlebenden werde jederzeit ein „uneingeschränkt rechtsstaatliches Verfahren zuteil“.
Keine Rechtsgrundlage
Allerdings musste Kutschaty einen „auffälligen Punkt“ einräumen: 2009 hatte das Landessozialgericht einen Kostenbeschluss Renesses über 500.000 Euro zu Lasten der Rentenbehörde hinter dessen Rücken eilig aufgehoben. „Ich kenne keine Rechtsgrundlage, die das zuließe“, so CDU-Fraktionsvize Peter Biesenbach. Nun müsse der Staatsanwalt wieder ran.