Essen. . Rund 76 000 Euro verbauten die Monteure beim Live-Tuning eines nagelneuen Golf V auf der Essen Motor Show. Allein die Carbon-Leder-Sitze kosten 10.000 Euro, die Edelstahl-Abgasanlage verschlingt weitere 3000 Euro. Am Ende wir das Schmuckstück verlost.
Vielleicht ist das wirklich Grandiose an diesem Tuning-Werk die Idee. Man muss nämlich erst einmal darauf kommen, einen nagelneuen Golf V, 2,0 Liter, TFSI frisch vom Band zu kaufen – nur um ihn sofort komplett zu entkernen. Kleinlich rechnen darf man dabei nicht. Abgesehen von den 35 000 Euro Grundpreis fürs Auto rechnet man sich mit der Ausstattung schnell schwindlig.
Das ist jedermanns Sache nicht aber bei der Motor Show der Renner. Aufgebockt steht der Wagen in Halle 10 und drumherum nicht wenige Männer, die gierig schauen. Am letzten Messe-Tag ist das Tuningwerk fast vollbracht und die Komponenten können sich sehen lassen.
So viele, dass Michael Schiffer, Chef des Autotuners SKN, auf dem Spickzettel Häkchen macht. Die Schilderung ist - für Menschen, die ein Auto für die Fahrt von A nach B besitzen - abenteuerlich. „Rund 10 000 Euro hat allein die Ausstattung mit Carbon-Leder-Sitzen gekostet.“ Das muss vielleicht so sein, will man’s bequem haben vor dem Armaturenbrett-Fernseher, der „selbstverständlich mit einer Superanlage für den perfekten Klang“ gekoppelt ist. Notieren wir rund 5000 Euro auf dem Merkzettel und wenden uns dem Fahrwerk zu. Das ist hinten und vorne höhenverstellbar für eine Straßen- und Kurvenlage so außergewöhnlich, dass sie anscheinend im Wagen-Neupreis nicht enthalten ist: 3000 Euro.
Fahrspaß, der sich aber erst mit den richtigen Felgen nebst Reifen voll entfaltet. Ein Satz für den Winter (2200 Euro) ist aufgezogen, der für den Sommer (2800 Euro) wird mitgeliefert.
High-Tech Folienbeklebung in drei Schichten
Bis hierher ganz hübsch – damit aber nicht oben ein Hui erntet, was unten pfui aussieht, hat die Tuning-Brigade eine Edelstahl-Abgasanlage (3000 Euro) montiert. Der Motor hat - fast unnötig zu erwähnen - eine feine Verwandlung durchlaufen. Um 100 auf 300 PS ist die Leistung gesteigert (4000 Euro) und weil das Tuning-Wunder damit schneller läuft, müssen neue Bremsen her (4000 Euro) und ein Body-Kit - also Spoiler für alle strategisch relevanten Stellen (2000 Euro). Wo man das Ergebnis geballter Tuning-Kunst ausfahren will, sei dahingestellt, statt 235 Km/h bringt es jetzt rund 290 Km/h auf die Straße und ist damit durchaus Straßenrenntauglich.
Die vielleicht augenfälligste Veränderung addieren wir noch rasch hinzu – statt nämlich in Metallic-Schwarz kommt der Wagen jetzt in „Red Fortel Elox“ daher. Das klingt vielversprechend und entpuppt sich als mattes Rot, ist aber nicht mit der Rolle gestrichen, sondern ein Trend in der Tuning-Szene, zu erreichen mit High-Tech Folienbeklebung in drei Schichten (Preis: 5000 Euro).
Sollten Sie nun nicht mitgerechnet haben: Rund 76 000 Euro verbauten die Monteure beim Live-Tuning der Motor-Show – um das Auto anschließend zu verlosen.
Wer nun so viel Geld ausgibt um den Inhalt eines mitteldicken Tuning-Kataloges an ein Auto montieren zu lassen? „Autoliebhaber“, sagt Schiffer. Nun, eine erwartbare Antwort. Dann präzisiert der SKN-Chef. „Jüngere Leute kaufen meist alte Autos und schrauben selber.“ Tiefer, schneller, breiter. Doch der Tuning-Fan ab Mitte 30 verlange exquisite Ausstattung auf neuestem technischem Stand. „Meist wird nicht alles auf einmal eingebaut, sondern immer mal wieder etwas.“ Damit ist die gepimpte Version des Golf V eine Ausnahme – doch wo sonst als auf einer Motorsport-Messe gibt es ein dankbareres Auditorium um zu zeigen, was machbar ist – für viel Kleingeld.