Essen. . Die Freiwilligen Feuerwehren haben bislang vier Tonnen Kadaver aus der Ruhr gefischt. Erste Expertenschätzungen von bis zu 10 000 verendeten Fischen werden wohl zu niedrig gelegen haben. Auf der Suche nach der Quelle des Giftstoffes hat die Polizei wahrscheinlich den entscheidenden Fund gemacht.
Das Fischsterben in der Ruhr am Freitag hatte noch größere Ausmaße als befürchtet. Nach Angaben der Feuerwehr haben die Freiwilligen Feuerwehren bis zum Samstag vier Tonnen Kadaver aus der Ruhr gefischt. Zum Vergleich: Die 5000 Rotfedern, die der Ruhrverband letzte Woche in den Baldeneysee eingesetzt hatte, wogen rund 500 Kilo.
Auf der Suche nach der Quelle des Giftstoffes hat die Polizei am Samstag wahrscheinlich den entscheidenden Fund gemacht. Schon am Freitag hatte sie die Einmündung des Deilbach als wahrscheinlichen Ort der Einleitung identifiziert. Der Hinweis eines Bürgers führte die Fahnder des Umweltkommissariates 11 zu einem Regenrückhaltebecken an der Phönixhütte in Kupferdreh, das der Landesbetrieb „Straßen NRW“ betreibt. Von dort aus fließt Wasser aus dem Deilbach weiter in die Ruhr. „Es spricht vieles dafür, dass wir dort den Tatort gefunden haben“, sagt Polizeisprecher Peter Elke. Die Ermittler der Kommissariates 11 haben dort Proben von Wasser und Schlamm genommen und Beweisstücke sicher gestellt. Vermutlich sind an dieser Stelle Klärschlämme mit ungelöschtem Kalk behandelt worden; das ist ein übliches Verfahren, um Schlämme zu trocknen, weil die aggressive Chemikalie dem Schlamm Wasser entzieht. Die Ermittler müssen jetzt klären, warum die behandelten Schlämme im Rückhaltebecken geblieben und nicht ausgebaggert worden sind.
Keine Gefahr für das Trinkwasser
Die Feuerwehr pumpte das Rückhaltebecken leer und baute gemeinsam mit dem Technischen Hilfswerk eine Umleitung für den Deilbach.
Wie stark die chemische Keule Ruhr und Baldeneysee getroffen hat, ist noch nicht abzusehen. Der stark erhöhte pH-Wert, den der Ruhrverband nach den ersten Hinweisen auf das Fischsterben gemessen hatte, war noch am Freitag deutlich gefallen. Dieser Verdünnungseffekt könnte dazu beitragen, dass die Schäden im Baldeneysee geringer ausfallen als befürchtet.
Aber: Die ersten Expertenschätzungen von bis zu 10 000 verendeten Fischen werden wohl zu niedrig gelegen haben. Der Fischereiverband beklagte, die Fische seien mit verklebten Kiemen qualvoll erstickt seien. Das Landesumweltamt hat angekündigt, Anfang der Woche erste Untersuchungsergebnisse vorzulegen. Eine Gefahr für das Trinkwasser, versichert der Ruhrverband, habe zu keiner Zeit bestanden.
Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Kai Gehring hat das Fischsterben als „eine der schwersten Umwelt-Katastrophen der letzten Jahre in Essen“ bezeichnet und eine lückenlose Aufklärung gefordert: „Ich bin zuversichtlich, dass die Ermittlungsbehörden die Verursacher finden und diese zur Rechenschaft ziehen. Der umweltpolitische Sprecher der Grünen im Rat, Rolf Fliß, erwartet „ein schnelles und hartes Vorgehen gegen den Verursacher dieser Umweltkatastrophe“.