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Eine kurzfristig angekündigte „Mahnwache nationaler Kräfte“ der NPD am Mittwoch auf dem Weberplatz hat breiten Protest ausgelöst. Die Glocken der benachbarten Kreuzeskirche läuteten alle 15 Minuten. Zu einer Gegenkundgebung des Bündnisses „Essen stellt sich quer“ kamen rund 200 Menschen. SPD-Fraktionschef Reiner Marschan warf den rund 40 Teilnehmern der NPD-Mahnwache vor, die Opfer des Nationalsozialismus zu verhöhnen. Die Polizei meldete bis zum Abend eine Festnahme.
„Wir haben erst vor einigen Stunden von der NPD-Kundgebung erfahren“, sagt Kreuzeskirchen-Pfarrer Steffen Hunder. Er nennt es „unerträglich, dass die NPD versucht, das Gedenken an die Reichspogromnacht 1938 durch diese Kundgebung herabzuwürdigen“. Mit dem Viertelstunden-Geläut für die Dauer der Kundgebung von 19 bis 21 Uhr wollte die evangelische Altstadt-Gemeinde „ein deutliches Zeichen für Frieden und Toleranz setzen“.
Das Bündnis „Essen stellt sich quer“ kündigte an, seine Kundgebung auf dem Borbecker Germaniaplatz zu verkürzen und „alle Teilnehmer dazu aufzurufen, sich danach am Protest gegen diesen Aufmarsch am Weberplatz zu beteiligen“. Zusätzlich hat das Bündnis ab 17.30 Uhr zu einer Protestkundgebung auf dem Weberplatz aufgerufen.
Bis zum Abend blieb es in der City weitestgehend ruhig. Ein großes Polizeiaufgebot hatte die Kundgebungen der NPD und linker Gegendemonstranten gesichert. Die Polizei verzeichnete lediglich zwei Festnahmen von Demonstranten.
„Zu viele haben mitgemacht“
Die Erinnerung an die Reichspogromnacht am 9. November 1938 ist nach Ansicht von Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck eine bleibende Aufgabe aller Deutschen. „Zu viele haben mitgemacht, teilnahmslos zugeschaut, ängstlich weggeschaut oder einfach nur geschwiegen“, sagte Overbeck bei einem ökumenischen Gedenkgottesdienst am Mittwochabend, 9. November, im Essener Dom. „Das Böse war damals Realität und kein Traum“, so der Ruhrbischof weiter, „und darum ist es wiederholbar“. Deshalb sei es nach wie vor notwendig, das Gedenken und damit die Erinnerung an die Novemberpogrome und der ihnen folgenden Judenvernichtung wach zu halten.
Auch für Christen sei der 9. November 1938 kein beliebiges Datum oder ein Festhalten am Vergangenen und Gestrigen. Was Adolf Hitler und seine Schergen damals angerichtet hätten, so der Ruhrbischof, „war und ist mit deren Tod keineswegs aus der Welt, selbst wenn sie ihr Tun bereut hätten und ihnen vergeben worden wäre“. Die furchtbaren Folgen des Nationalsozialismus vergifteten bis heute die Gesellschaft und sie nisteten noch immer im Leben der Opfer wie der Täter, selbst im Leben ihrer Kinder und Enkel.