Essen. .

Einsatzwagen der Polizei postieren sich zum Einbruch der Dunkelheit in der Borbecker Fußgängerzone. Ein Aufmarsch der NPD steht an, die Kundgebung der Gegendemonstranten ist vorher. 40 Rechte, 300 Gegendemonstranten – alles friedlich.

NPD-Demo in Essen

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    Wenige Schritte entfernt, am Höltingplatz, lässt gegen 17 Uhr noch nichts darauf schließen, dass hier später Hunderte zusammenkommen werden, um gegen die Rechten zu demonstrieren. Ein Mann verteilt den Wachtturm, Passanten eilen herum, bei „Werner’s Preisshop“ gehen Ein-Euro-Artikel über die Ladentheken und bei Edeka öffnen und schließen sich die elektronischen Türen.

    Langsam wird es dunkel. Einsatzwagen der Polizei postieren sich in der Fußgängerzone. Die Beamten verwandeln das Stadtteil-Zentrum in einen Hochsicherheitstrakt. Günter Hondele, Rentner, beobachtet das Treiben: „Wir wollen die NPD nicht in Borbeck – und auch nirgendwo sonst“, sagt der Rentner und spricht damit vermutlich Tausenden Bürgern, die an diesem Tag mobil gegen Rechts machen, aus der Seele.

    Einer der Redner ist Oberbürgermeister Reinhard Paß

    Als die Gegendemonstration um 18 Uhr beginnt, haben sich etwa 300 Menschen eingefunden, die ein Gegengewicht zu den wenigen NPD-Anhängern setzen wollen, die zu diesem Zeitpunkt bereits, von der Polizei eskortiert, parolengrölend durch die Straßen ziehen.

    Einer der Redner an diesem Abend ist Oberbürgermeister Reinhard Paß (SPD). „Wer versucht, unsere Stadtgemeinschaft mit einfältigen Parolen zu spalten, hat in unserer Mitte keinen Platz“, sagte er. Dass sich so viele Menschen eingefunden haben, die mit ihm gemeinsam zeigen wollen, dass sie diese „Unverbesserlichen“ nicht akzeptieren, beruhige ihn.

    NRW-Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) bekundete seine „Wut über die Provokation“, die von der NPD-Kundgebung ausgehe. Diese sei „unerträglich und beschämend“. Die NPD hatte vorab als Grund für ihre Demonstration das Gedenken an die Mauertoten angegeben, doch gestern jährte sich auch die Reichspogromnacht zum 72. Mal. Der Aufmarsch sei daher eine „Verhöhnung der Opfer des NS-Terrors“ und der aktuelle „Aufmarsch der Faschisten“ richte sich gegen jeden einzelnen Bürger. Er kündigte eine Prüfung des Versammlungsgesetzes an, so dass zukünftig eine gesetzliche Grundlage dafür geschaffen werden kann, die ähnliche Aufmärsche an historisch wichtigen Terminen oder Orten unterbinden kann.

    Germania muss sich das Schauspiel nicht mit ansehen

    Immer wieder wurden die Ansprachen von Anhängern beider politischer Lager gestört, die die Kundgebung mit lautstarken Parolen unterbrechen wollen.

    Die Germania jedenfalls, die „Borbecker Dame“, muss sich das Schauspiel nicht mit ansehen. Vorab wurde die 1880 enthüllte Statue komplett in schwarze Plastikfolie gewickelt.

    Die Aktion der NPD-Anhänger vor dem Bürgerhaus beginnt pünktlich. Eigentlich wollten sie einen Kranz vor der Germania niederlegen. Darauf haben die Rechten dann kurzfristig verzichtet. Kurze Reden werden gehalten, Fackeln angezündet. Gegen acht Uhr kann ein Polizeisprecher bilanzieren: Noch 40 NPD-Anhänger und rund 150 Gegendemonstranten stehen sich da noch gegenüber, skandieren Parolen, brüllen sich gegenseitig an. Im Grunde aber bleibt alles friedlich.

    Mitarbeit: Tobias Appelt, Stefan Kober