Essen. . Ein mehrfach vorbestrafter 33-Jähriger stand vor dem Essener Landgericht, weil er an einem S-Bahnhof eine 14-Jährige vergewaltigt haben soll. Weil er sagt, dass ihm die Erinnerung an die Tat fehle, bleibt dem Mädchen die Aussage wohl nicht erspart.

Er erspart es ihr nicht. Obwohl er über seinen Verteidiger Volker Schröder ein Geständnis angekündigt hatte, fehlt dem 33 Jahre alten Kettwiger Ronny M. zum Prozessauftakt vor der V. Strafkammer die Erinnerung an die angeklagte Vergewaltigung eines 14-jährigen Mädchens. Deshalb wird das mutmaßliche Opfer doch aussagen müssen.

Nachts um zwei Uhr hatte der Teenager am 22. April auf dem S-Bahnhof Kettwig-Stausee gestanden. Die 14-Jährige wartete auf einen Freund, um mit ihm Probleme zu besprechen, die sie zuvor auf einer Party hatte. Ein heimliches Treffen, ohne Wissen ihrer Eltern. Arglos war sie.

Plötzlich hielt ihr von hinten ein Mann ein Messer an den Hals. „Du machst jetzt, was ich sage, sonst passiert was“, drohte er. Dann stieß er sie über die Gleise in einen Stichweg zur Charlottenhofstraße. Dort forderte er sie laut Anklage auf, sich auszuziehen, traktierte sie mit der Hand brutal im Intimbereich. Ihre Rettung war ein 17-Jähriger, der aus der gerade angekommenen S-Bahn gestiegen war. Er erkannte die drohende Tat und verhinderte Schlimmeres. Selbst als der Mann ihm drohte, er werde auf ihn schießen, ließ sich der junge Mann nicht einschüchtern. Schließlich ließ der Täter von seinem Opfer ab, nahm das Handy der 14-Jährigen und ging. Ihr gelang es, auf der Charlottenhofstraße ein Auto anzuhalten, so dass unmittelbar nach der Tat die Polizei alarmiert wurde.

Mädchen erkannte Tätowierungen an den Armen

Über das Handy kamen die Ermittler Ronny M. auf die Spur. Zunächst bestritt er. Auf einer seiner Jacken fanden die Kriminalisten aber Fasern des rosa Schals, den die 14-Jährige getragen hatte. Belastet wird er auch durch seine Tätowierungen an den Armen, die das Mädchen beschrieben hatte.

Fremd sind dem 33-Jährigen Sexual- und Gewaltdelikte nicht, zeigt sein Vorstrafenregister. In der DDR geboren, wuchs er in einem von Gewalt geprägten Elternhaus auf. Der Vater, ein früherer DDR-Boxmeister, soll Alkoholiker gewesen sein: „Er trank morgens Bier und abends Schnaps.“ Ronny M. trank nach eigenen Angaben selbst schon mit neun Jahren, ab dem elften Lebensjahr dann regelmäßig. Nach der Wende kam er ins Heim. Schulabschlüsse und Berufsausbildungen scheiterten an Inhaftierungen. Raub, Diebstahl, Brandstiftung, Körperverletzung und Vergewaltigung: Sein Register liest sich wie ein Querschnitt des Strafgesetzbuches. Er rutschte immer mehr ab, gehörte auch zur rechten Szene. „Das ist aber lange her“, schränkt er am Mittwoch auf Frage von Richterin Luise Nünning ein.

Sicherungsverwahrung droht

In der bislang letzten Haftzeit von 2002 bis 2006 nutzt er in der JVA Halle illegal ein Handy und bekommt über einen TV-Chat Kontakt zu seiner jetzigen Ehefrau, die in Kettwig ein Haus geerbt hat. Ein schmuckes Einfamilienhaus mit großem Garten. Ronny M. nutzt es, um dort seine vier Hunde, die acht bis zu drei Meter langen Schlangen und 75 Vogelspinnen unterzubringen. Als tierlieb bezeichnet er sich. In einem vorläufigen Gutachten nennt Psychiater Sven Kutscher andere Persönlichkeitsmerkmale. Als voll schuldfähig, aber „dissozial“ charakterisiert er ihn und sieht eine hohe Rückfallgefahr. All dies sind Voraussetzungen für die Sicherungsverwahrung, die Staatsanwalt Gabriel Wais in seiner Anklage fordert.