Essen..

Die Stadt will das Angebot zweisprachiger Kindergärten ausweiten und kann einen ersten Erfolg vermelden: Ab August 2012 wird in der integrativen Kita an der Barthel-Bruyn-Straße in Holsterhausen auch Spanisch gesprochen.

Ende 2008 hatte der Jugendhilfeausschuss für den Ausbau bilingualer Kitas votiert, zwei Jahre später wurden die städtischen Kitas ermuntert, zeitnah ein deutsch-türkisches und ein deutsch-spanisches Angebot schaffen. „Englisch und Französisch gibt es schon, und wir wünschen uns eine möglichst große Vielfalt“, erklärt Mathias Bänfer, der zuständige Abteilungsleiter im Jugendamt.

Ursula Altenfeld, die die Kindertagesstätte an der Barthel-Bruyn-Straße leitet, entschied sich für Spanisch: „Bei uns haben zwei Drittel der 95 Kinder einen Migrationshintergrund. Sie kommen aus Sri Lanka, Irak, Iran, dem Libanon, der Türkei – und Spanien.“ Fürs nächste Jahr seien weitere Kinder aus spanischen Familien angemeldet, und im Spanischen Elternverein hat Ursula Altenfeld einen Partner vor Ort, der das Projekt tatkräftig unterstützen will. Auch weil viele der spanischen Kinder ihre Muttersprache nicht oder kaum beherrschen. „Denen geht ein sprachlicher Schatz verloren“, sagt Sozialpädagogin Altenfeld.

Einen sprachlichen Schatz retten

Vermittelt werde die Sprache zunächst in einer Gruppe und zwar nach der Immersions-Methode: „Dabei nehmen die Kinder ein Sprachbad: Die Hälfte der Zeit wird Spanisch gesprochen – Tag für Tag.“ Dazu wird eine spanische Fachkraft angestellt, weil sich die Kinder von Muttersprachlern die richtige Sprachmelodie ablauschen. Vokabeln-Pauken ist dagegen tabu. „Die Kinder lernen die Sprache im Alltag, etwa beim Frühstück, beim Spielen. Die müssen sich nicht anstrengen, die saugen das auf.“ Die Methode wirke so beiläufig wie intensiv.

Prof. Anja Weiß und Prof. Katja Francesca Cantone von der Universität Duisburg Essen werden die Arbeit an der Kita wissenschaftlich begleiten. Dass die Methode üblichen Kita-Angeboten überlegen ist, steht für Ursula Altenfeld bereits fest: „Wenn man mit Kindern eine halbe Stunde pro Woche englische Lieder singt oder Reime lernt, ist das ganz hübsch als Sprachkontakt – Englisch lernen die so nicht.“ Das sei eine halbherzige Antwort auf den vehementen Elternwillen nach frühkindlichem Spracherwerb.

Lieder und Reime reichen nicht

Mathias Bänfer vom Jugendamt bestätigt, dass das Elterninteresse groß ist: Die deutsch-englische Kita an der Weserstraße habe nur 47 Plätze, und müsse daher regelmäßig Kinder ablehnen. An der Barthel-Bruyn-Straße werde man gewiss Ähnliches erleben: „Spanisch erlebt als Wirtschaftssprache gerade einen Boom und wird außerdem in ganz Lateinamerika gesprochen.“

Dass trotz der elterlichen Nachfrage bisher nur zwei von 280 Essener Kindergärten zweisprachig sind, habe auch finanzielle Gründe. Zwar gebe es von EU- bis Landesebene Bekenntnisse zum frühen Fremdsprachenerwerb. Doch das Kinderbildungsgesetz des Landes (Kibiz) stelle dafür keine besonderen Mittel bereit. Und die klamme Stadt hat schon Schwierigkeiten, den Ausbau der Kinderbetreuung zu stemmen.

Ursula Altenfeld sucht nun also eine Spanierin mit pädagogischer Ausbildung, die sie in der bilingualen Gruppe als reguläre Fachkraft einsetzen kann. Kürzlich habe eine spanische Sozialarbeiterin ein Praktikum in ihrer Kita gemacht, „die der Liebe wegen nach Essen gekommen ist“. Die junge Frau sei fast perfekt für die Stelle gewesen, habe aber ein Einstellungskriterium leider nicht erfüllt:„Sie sprach kaum Deutsch.“ Hätte sie mal eine bilinguale Kita besucht.