Essen.. Seit gut einem Jahr gibt es die private Kita Zwergenreich im Schellenberger Wald. Die Eltern greifen für die besondere Betreuung tiefer in die Tasche.

Die Kita nennt sich „Zwergenreich“, doch von Königreich zu sprechen, träfe die Sache wohl besser. In der ehemaligen Orangerie des Schlosses Schellenberg hat jede Gruppe drei großzügige, helle Räume, ums Gebäude herum verteilen sich auf 2000 Quadratmetern ein Mini-Fußballfeld, Spielgeräte und ein Bauerngarten. Jeweils zwei Erzieherinnen und eine 400-Euro-Kraft kümmern sich um maximal 20 Kinder, bei den unter Dreijährigen ist der Betreuungsschlüssel noch besser. Kurzum, an Platz und Personal fehlt es nicht.

In den Kitas von Stadt, Kirchen und freien Trägern liegt die Gruppenstärke in der Regel bei 25 Kindern, auch das Raumangebot ist meist bescheidener. Gleiches gilt für die Betreuungszeiten: Andernorts ist um 16, spätestens um 17 Uhr Schluss, hier läuft der Betrieb von 7.30 Uhr bis 18.30 Uhr. „Auch wenn’s mal 19 Uhr wird, stellen wir kein Kind vor die Tür“, versichert Martina Vogler, die die Zwergenreich GmbH gemeinsam mit ihrem Mann Jochen betreibt.

Der Standort in Essen, der dieser Tage einjähriges Bestehen feiert, ist die zweite Einrichtung des Ehepaares. Die erste liegt in ihrer Heimatstadt Düsseldorf und entstand 2006 aus Eigenbedarf: Sie suchten eine Kita für ihre Tochter und gründeten gleich selbst eine für Kinder von 0 bis drei Jahren - in einer früheren Kneipe.

Kinder sind keine Lernmaschinen

„Ich bin da reingesprungen“, sagt Martina Vogler. Immerhin brachten Voglers den nötigen Sachverstand mit: Sie ist Sozialpädagogin, er Diplom-Kaufmann. Während ihr Sohn längst zur Schule geht und die Tochter im Sommer eingeschult wird, bleiben sie im Kindergarten-Geschäft. Wohlwissend, dass ihre Kita im Schellenberger Wald unter Luxus-Verdacht steht, schon wegen der Monatsbeiträge von 550 Euro (bis 14 Uhr) und 675 Euro (ganztags); für Kinder unter drei Jahren wird es noch teurer. Zum Vergleich: In öffentlichen Kitas liegt der monatliche Höchstsatz für 45 Stunden bei 310 Euro für Kinder ab zwei Jahren, und bei 413 Euro für Jüngere. Doch Voglers argumentieren, dass vor allem viele Doppelverdiener gern mehr bezahlen, weil sie die langen Betreuungszeiten schätzen - und weil das Zwergenreich ganzjährig geöffnet ist (bis auf Rosenmontag und eine Woche zu Weihnachten).

Im übrigen sei ihr Angebot „all inclusive“, sagt Martina Vogler und meint damit nicht nur Mittagessen und AGs, die es auch bei öffentlichen Trägern gibt. „Wenn Sie Ihr Kind bei uns abholen, können Sie sich den Mütter-Marathon zwischen Schwimmverein und Musikschule sparen.“ Im Becken des nahen Augustinums habe manches Kind sein Seepferdchen gemacht; eine Schottin vermittle Englisch, eine Musikpädagogin stelle Instrumente vor und nachmittags gebe es Voltigieren.

70 Kinder besuchen derzeit die Kita, ab August werden es 90 sein. Die Erwartungen der Voglers für das erste Jahr sind damit übertroffen. Die Erwartungen mancher Eltern lassen sich dagegen nicht erfüllen, weiß das Ehepaar. Fließende Zweisprachigkeit etwa. „Kinder sind doch keine Lernmaschinen.“ Wenn sie nun mit der Vorschule starten, wollen sie darum nicht das erste Schuljahr ersetzen - sondern darauf vorbereiten: Schneiden, Stifthaltung und zeitweiliges Stillsitzen vermitteln. „Ein bisschen fordern darf sein“, findet Jochen Vogler. Und zur Vorbereitung zählt er auch Fähigkeiten wie „Sich auf dem Schulhof behaupten!" Ergänzt sie: „Mit verbalen Mitteln!“