Essen. .

Das Gesundheitsamt und das Büro für interkulturelle Arbeit (RAA) haben erstmals ein Verzeichnis herausgegeben, dem Migranten und Touristen entnehmen können, welcher Arzt oder Therapeut ihnen in ihrer Muttersprache helfen kann.

Der „Gesundheitswegweiser“ ist nach städtischen Angaben in seinem Umfang bundesweit einmalig: Auf 180 Seiten sind 1000 Adressen unter anderem von Beratungsstellen, Selbsthilfegruppen und Pflegeheimen mit den jeweiligen Sprachen aufgelistet, die das Fachpersonal beherrscht. In 48 Sprachen können Essener Fachleute helfen - von Afrikaans bis Vietnamesisch.

Ausliegen wird der Wegweiser mit einer Auflage von 16 000 Stück kostenfrei unter anderem in Touristikzentren, Apotheken und Treffpunkten von Migranten. Zudem ist er auf der Internetseite der Stadt abrufbar. Auch Feuerwehr und Rettungsdienste sollen im Notfall auf das Verzeichnis zurückgreifen können.

„Es gibt viele Momente, in denen Sprachbarrieren Heilung verhindern“

Ein Schlaganfallpatient, dem das Deutsche nicht mehr einfällt, ein Depressiver, der nur in seiner Muttersprache über das eigene Trauma sprechen will- „es gibt viele Momente, in denen Sprachbarrieren Heilung verhindern“, sagt Ahmet Kimil vom Ethno-Medizinischen Zentrum. Kimil hat den Wegweiser in Kooperation mit der Stadt entwickelt hat. Rund 10 000 Euro aus dem Budget des „Handlungskonzepts für interkulturelle Arbeit“ sind dafür geflossen, eine gute Investition, meint Kimil. „Letztlich ist es eine volkswirtschaftliche Entscheidung. Wenn Krankheiten rechtzeitig behandelt werden, reduziert das die Folgekosten.“

Besonders im Bereich psychischer Leiden hofft Barbara Eifert vom Gesundheitsamt auf einen positiven Effekt. „Migranten sind doppelt so häufig depressiv wie Deutsche“, vor allem bei traumatisierten Flüchtlingen seien die Zahlen erschreckend hoch. Sie bräuchten dringend einen Muttersprachler zum Therapeuten. Auch bei Vorsorgeuntersuchungen, an denen sowohl Kinder als auch Erwachsene mit Migrationshintergrund auffällig selten teilnehmen, erhoffen sich die Verantwortlichen mehr Zulauf.

Wegweiser wird jährlich aktualisiert

„Uns geht es nicht darum, Menschen von der deutschen Sprache abzubringen“, stellt Integrationsdezernent Andreas Bomheuer klar. „Integration heißt Teilhabe, in unserem verschachtelten Gesundheitssystem bleiben Migranten aber oft aufgrund der Sprachbarriere außen vor.“ Peter Renzel, Dezernent für Soziales, ergänzt: „Das Kompendium gibt auch ein Bild über die interkulturellen Kompetenzen in dieser Stadt.“

Der Wegweiser soll jährlich digital aktualisiert werden. Info: www.essen.de/raa.