Essen. .

Am 2. Oktober 1961 nahm die katholische Telefonseelsorge in Essen ihre Arbeit auf. Etwa 517.000 Kontakte gab es bisher. Das runde Jubiläum wird aber bereits im Rahmen des Stadtpatronatsfestes am Sonntag, 25. September, gefeiert.

Sympathische Gesichter samt Telefonhörer in der Hand, freundliche Hintergrundfarben und neben allem prangt die Botschaft „Sorgen kann man teilen“ – so sehen heute Werbeplakate für das anonyme Angebot der Telefonseelsorge unter den kostenlosen Nummern 0800-1110111 (evangelisch) und 0800-1110222 (katholisch) aus. Selbst in seinem Profil auf der Internetplattform „Youtube“ dokumentiert das Bistum Essen mit dem Film „Die Stimmen der Nacht“ die Lebenshilfe per Strippe.

Dass der Zugang und offene Umgang mit ihr nicht immer so war wie heutzutage, weiß Peter Heun, hauptamtlicher Leiter der katholischen Telefonseelsorge in Essen. Seine Einrichtung feiert in diesem Jahr ihr 50-jähriges Bestehen. „Überlegen Sie mal, wo in den 60er Jahren bei den meisten Menschen das Telefon stand: Im Flur. Und wer keins hatte, musste zur Telefonzelle und dort stand dann ,Bitte fassen Sie sich kurz’ dran“, erzählt Heun. Die Angst, dass jemand einen Anruf und die Sorgen mithörte, war groß. Zu verpönt war in der Gesellschaft der jungen Bundesrepublik die Möglichkeit, offen über seine Probleme zu sprechen und Hilfe in Anspruch zu nehmen. Im 1958 neu geschaffenen Ruhrbistum kam man früh auf die moderne Idee per Telefon Seelsorge anzubieten. „Für damalige Verhältnisse war das innovativ“, erinnert sich Peter Heun.

Rund-um-die-Uhr-Betreuung gab es damals nicht

Nach vielen Beratungen und Vorbereitungen innerhalb des Bistums nahm die katholische Telefonseelsorge am 2. Oktober 1961 offiziell ihren Dienst auf – unter dem Motto „Ruf und Rat“. „Nur wenige Stunden am Tag saßen zwei bis drei hauptamtliche Mitarbeiter am Hörer“, berichtet der Leiter. Eine Rund-um-die-Uhr-Besetzung wie heute gab es da noch nicht. Wem nachts etwas auf der Seele brannte, landete später bei den Padres in den Ordensklöstern. „Das katholische Verständnis von Seelsorge hat alles zunächst in hauptamtliche Hände gelegt“, so der 57-Jährige. Erst Anfang der 1970er Jahre gab es einige Ehrenamtliche für einen Besuchsdienst, die erste Ausbildungsgruppe startete 1976. „Erst ab 1980 spielte die Ehrenamtlichkeit die tragende Rolle“, erklärt er.

Jährlich versucht die katholische Telefonseelsorge in Essen neue Helfer zu gewinnen (siehe Artikel links). Eine wichtige Aufgabe, denn die Zahl derer mit existenziellen Problemen, die sich an die Stelle wenden, wächst. „Auch den Anstieg von psychischen Erkrankungen bei den Menschen merken wir in unserer Arbeit“, sagt Elisabeth Hartmann, neben Heun die einzige hauptamtliche Mitarbeiterin. Das Zuhören, am Telefon präsent sein, das Reden über schwierige Situationen übernehmen derzeit rund 52 Ehrenamtliche.

„Viele haben durch das Angebot eine Entlastung vom alltäglichen Druck“, sagt der Leiter. 517.000 Kontakte, schätzt er, habe es in diesem Zeitraum gegeben. Darunter fallen sowohl Kurzkontakte, als auch eine längere Begleitung. 2010 waren es für die Essener Stelle allein 16.000 Anrufe, darunter 10.000 längere Gespräche. Einen Wandel in den Gesprächsthemen kann Heun so nicht feststellen: Waren es zu Beginn durchaus auch Sexualitäts- und Eheprobleme, die die Menschen ansprachen, kann er heute nicht von dem Thema an sich sprechen. Es sind Krankheiten, ob psychische oder körperliche, Beziehungsprobleme in Partnerschaft oder Familie. Einsamkeit taucht dagegen immer häufiger auf: „Wir haben auch Gute-Nacht-Anrufer.“

Aber nicht immer wollen die Menschen reden, das zumindest schildert eine Ehrenamtliche im Jubiläumsheft: „Haben Sie Lust mit mir zu schweigen?“, fragte der Anrufer. Sie tat es, 19 Minuten lang. Dann beendete der Mann das Gespräch – mit Durchatmen und einem einfachen „Danke“.