Essen. .
Einen Traum wollte sich Frank Heitkamp vor zehn Jahren erfüllen: ein Urlaub in New York. Am 11. September 2001 läuft der Essener durch die Stadt - und sieht ein brennendes World Trade Center vor dem Einsturz. Am Tag zuvor stand er noch auf dessen Dach.
Es hätte ein wunderbarer Urlaub werden sollen. Und er beginnt auch so: Am 7. September 2001 fliegt Frank Heitkamp nach New York, erstmals in seinem Leben. Der Essener schaut sich die Stadt an, das Empire State Building, die Freiheitsstatue. Er ist fasziniert: „New York war schon immer mein Traum“, erzählt Heitkamp. Am 10. September steht er auf der Plattform auf dem Dach des World Trade Centers und genießt die Aussicht über die Stadt, die Kulisse, die sich ihm bietet. Keine 24 Stunden, nach „9/11“, stehen die beiden Türme des Centers nicht mehr. Der Trip wird zum Alptraum: „Die ersten Tage waren wunderbar, leider endete alles in dieser Katastrophe.“
In den Morgenstunden des 11. September bricht Frank Heitkamp von seinem Zimmer im Howard Jones Hotel an der 32. Straße in der Nähe des Empire State Buildings auf. Er will Richtung Norden zum Guggenheim Museum. Vielleicht 800 Meter ist Heitkamp vom World Trade Center entfernt, dann sieht er die brennenden Türme, die Flugzeuge der Terroristen waren schon eingeschlagen. Heitkamp ist wie paralysiert, tauscht sich mit Passanten auf der Straße aus: „Wir wussten gar nicht, was da los war.“ Ein Unfall?, fragen sie sich. Flugzeuge kollidieren in der Luft und krachen in die Türme? Eine Frau schaltet das Autoradio ein. Es laufen Berichte über den Anschlag auf das Pentagon und über die abgestürzte Maschine der islamistischen Terroristen in Shanksville.
„Wir wussten: Auch der zweite Turm würde fallen“
Heitkamp schaut auf die brennenden Türme: „Da stürzten Teile herunter. Da sprangen Menschen aus den Fenstern. Fürchterlich.“ Heitkamp schießt mit seiner Kamera zwei Fotos von den brennenden Türmen, dann vergisst er das Fotografieren: „Man ist geschockt und fühlt mit den Menschen, die noch in den Türmen sind“, erzählt der Essener heute, „ein komisches Gefühl: Man hätte ja auch niemanden helfen können.“ Heitkamp, der beim Amt für Stadtplanung und Bauordnung in Essen beruflich viel mit der Feuerwehr zu tun hat, denkt auch an die mutigen Männer der New Yorker Wehr, die ins Gebäude stürmen.
Fotos, Texte und Bilder
Der städtische Mitarbeiter Frank Heitkamp hat seine Erinnerungen an den Schicksalstag in Fotos, Bildern und Texten verarbeitet. Die Ausstellung „9/11 – Bilder eines Augenzeugen“ ist vom 12. bis 30. September im Raum 501 im Deutschlandhaus, Lindenallee 10, zu sehen: Mo/Di/Do, 8 bis 16 Uhr; Mi, 8 bis 15.30 Uhr, und Fr, 8 bis 15 Uhr.
Heitkamp vermag nicht mehr zu sagen, wie lange er dort auf der Straße zubringt. Irgendwann dann „dieses Grollen“, erinnert sich Heitkamp, „und der Einsturz vom ersten Turm“. Größer kann der Schock bei der Gruppe auf der Straße kaum noch werden: „Wir wussten: Auch der zweite Turm würde fallen.“ Um 10.28 Uhr ist das World Trade Center Geschichte. Fast 3000 Menschen haben darin ihr Leben gelassen. Heitkamp ist noch immer in der Gruppe mit einigen Amerikanern: „Wir haben gesprochen, sind uns in die Arme gefallen, weinten.“
Essener zum 11. September
Heitkamp kehrt dem „Schreckensszenario“ den Rücken und läuft zurück ins Hotel. Doch den Bildern kann er nicht entkommen: „Ich war im Frühstücksraum, in dem ein riesengroßer Fernseher lief, der immer dieses eine Bild zeigte: Wie die Flugzeuge in die Türme stürzen.“ Manche Hotelgäste laufen aufgeregt durch den Raum, andere sitzen nur starr da. Heitkamp hätte am 13. September zurückfliegen sollen, doch er kommt nicht raus aus der Stadt. Oft geht er tagsüber in den Central Park, wo ein Musiker für die Augenzeugen Gitarre spielt. Am 17. September endlich steigt Heitkamp zurück in den Flieger nach Deutschland.
„Das ist gut, um die Sache zu verarbeiten“
In den Jahren danach liest Heitkamp viel über „9/11“, über Opfer, über Hintergründe. Er beginnt, den Anschlag in Texten und Bildern aufzugreifen: „Das ist gut, um die Sache zu verarbeiten.“ Seine Arbeiten werden ab Montag, 12. September, im Deutschlandhaus ausgestellt (siehe Infokasten). 2009 ist Heitkamp noch einmal nach New York gereist, am Rande der Trauerfeier für die Angehörigen. Er hat in einer Kirche mit anderen Augenzeugen der Opfer gedacht. Den Wiederaufbau rund um Ground Zero verfolgt Heitkamp genau. Er will wiederkommen, „wenn alles fertig ist“. Wenn das National-Denkmal steht und das One World Trade Center. Wenn die Wunde verheilt ist - architektonisch.