Essen. .
Die Existenzgründerin Heike Streine vermietet Zimmer im Haus Toeffte in Katernberg. Dort macht man eine Reise in die Vergangenheit, denn alle Zimmer erinnern ans vorige Jahrhundert. Streine hat Buchungen bis 2013 und kaum Zeit durchzuatmen.
Die ersten Schlafzimmermöbel aus den 1930ern hat sie für einen Euro im Internet ersteigert. Heike Streine hat sie mit Wachs- und Schleifmaschine bearbeitet und im Haus Toeffte aufgestellt. So hat sie ihre Pension in Katernberg genannt, die sie im November 2009 eröffnet hat. Mit Wohnzimmer, Küche und drei Schlafräumen, in denen alles ans vorige Jahrhundert erinnert. Dazu kommen drei neue Zustellbetten, ein Zelt im Garten – und Buchungen bis 2013.
Dabei hatte ihr Lebensgefährte das Haus vor elf Jahren eigentlich für sich gekauft. Nun ist für ihn ein kleines Appartement in dem denkmalgeschützten Bau von 1896 geblieben, den Rest bewohnen Touristen aus Italien, Belgien oder Frankreich. Im Frühjahr kam ein Gast aus Spanien, ein gebürtiger Argentinier, dessen Großvater bei Thyssen-Krupp beschäftigt gewesen ist. Oder elf Studenten aus Holland, die 3-D-Karten von Essen erstellt haben. Sieben Bayern sind gerade abgereist, fünf Geschwister angekommen. Dazwischen putzt Heike Streine, kocht Marmelade oder backt Kuchen für den Empfang. Sie serviert Frühstück mit Obst, Halbpension nach Wunsch und Glühwein im Schnee. Und hat eine weitere Zielgruppe im Blick: Motorradfahrer.
„Reich wird man nicht, aber man kann davon leben“
Die 45-Jährige steckt nicht nur voller Tatendrang, sie beschreibt sich auch als hartnäckig. In ihrer Geburtsstadt Leipzig ging sie bei den Montagsdemos auf die Straße, hatte die Ausbürgerungsurkunde in der Hand, als dann die Mauer fiel und sie mit ihrem Sohn an den Niederrhein zog. Die gelernte Frisörin wurde Restaurantfachfrau und stellvertretende Restaurantleiterin. Bis sie in dem alten Zechenhaus ihre Pension sah. Heike Streine entwarf den Businessplan, wurde Existenzgründerin und mietete das Haus von ihrem Partner. Heute läuft es ohne Hilfe von der Arbeitsagentur. Vielleicht auch deshalb, weil Reisen ins Ausland teuer und gefährlich geworden seien, sagt sie. „Reich wird man nicht, aber man kann davon leben“.
Ferien im Zechenhaus
Vor einem Jahr zog sie mit ihren beiden Töchtern nach Essen, wo sie gegenüber von Haus Toeffte eine kleine Mietwohnung gefunden hat. Sie fährt oft durch die Stadt, um andere Stadtteile kennenzulernen. An ihren beruflichen Start hier erinnert sie sich gut: Sie öffnete, obwohl das Haus noch sehr leer gewesen sei: „Ich hatte kein Geld mehr“. Montags inserierte sie, Freitags war es voll. Bis Weihnachten ging das so weiter. „Wir konnten keine Luft holen.“
Kohlenlore und Rutsche fehlen noch
Zur Ruhe kommt Heike Streine aber auch ohne Gäste nicht. Kohlenlore und Rutsche fehlen noch. Plantschbecken, Gartenlaube und Grill hat sie angeschafft. Und Leihräder. Für die Küche hat sie neue Tapeten entdeckt. Die Garage ist voll mit dem, was sie auf Flohmärkten oder bei Haushaltsauflösungen ergattert. Das reicht für Haus zwei – die Idee existiert längst. „Wir könnten dort wohnen und den Rest vermieten“, sagt sie. Ihr Appartement Knoeffte in Stoppenberg hat sie aufgeben müssen, weil der Mietvertrag auslief.
Haus Toeffte ist auch jetzt wieder über Weihnachten und Silvester belegt. Dann sind die Gäste allerdings auf sich gestellt, denn Heike Streine hat gebucht: Urlaub im Weinfass. Kommendes Jahr fliegt sie mit ihrem Partner nach Mauritius, um ehemalige Gäste zu besuchen. Mit vielen von ihnen sitzen sie bis spät in die Nacht zusammen und werden oft eingeladen. Dabei könnte Heike Streine auf Urlaub verzichten – auf ihren zumindest: „Viele Essener wissen gar nicht, wie schön es hier im Norden ist.“