Essen. .
Sie haben nicht den Glanz des Goldes und kaum Potenzial für utopische Gewinnmitnahmen wie manch ein Aktienpapier. Und dennoch: Wohnungen und Mietshäuser im Stadtgebiet sind so beliebt wie nie zuvor.
Der Berufsverband Ring Deutscher Makler (RDM) verzeichnet in seiner aktuellen Umfrage eine Steigerung der Nachfrage um bis zu 20 Prozent. Hintergrund für den Sturm auf die Steine sind die vergangene Wirtschafts- und die anhaltende Eurokrise. Das Vertrauen in Immobilien übersteigt das solche in die gemeinsame Währung um ein Vielfaches – zumindest in Essen. Während kleinere Städte wie Bottrop, Dorsten oder Gladbeck kaum Nachfragezuwächse feststellen, könnten die Makler auf Essener Grund so manches Haus gleich mehrfach verkaufen. „Immobilien-Anleger suchen vor allem in Städten mit einer hohen Bevölkerungszahl und Wohnraumnachfrage nach Objekten. Dies sichert ihnen langfristig stabile Miteinnahmen“, sagt der RDM-Vorsitzende Stefan Pásztor.
Balkone und Erreichbarkeit sind wichtig
Zu den beliebtesten Objekten gehören nach Ansicht der Experten Mehrfamilienhäuser mit acht bis zwölf Wohnungen. Wichtig ist den Käufern vor allem, dass keine Ladenlokale oder Restaurants im Erdgeschoss sind, regelmäßig modernisiert wurde, Balkone existieren und das Gebäude mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut zu erreichen ist. „Eine große Nachfrage besteht jedoch auch nach klassischen Mehrfamilienhäusern, in denen nur drei bis vier Parteien wohnen. Eine Einheit wird dann meist vom Vermieter selbst genutzt“, so Pásztor.
Dass Rüttenscheid und vor allem der Süden des Stadtgebiets extrem beliebt sind, bestätigt auch die RDM-Umfrage. Doch hat Pásztor auch Geheimtipps parat: „In Schönebeck und Bedingrade verzeichnen wir eine enorme Nachfrage. Auch in Frintrop und Borbeck, wo es es eine gute Nahversorgung gibt, ist das Interesse der Investoren geweckt.“ Trotzdem bleibt Rüttenscheid als „Magnet für Jung und Alt“ das Maß der Dinge. Mit der steigenden Nachfrage geht jedoch auch eine Erhöhung der Objektpreise einher. In gefragter Lage kann der Kaufpreis für Immobilien durchaus das 13-fache der Jahresnettomieteinnahmen betragen.
Niemand fragt nach einem Energieausweis
Zwei vermeintlich unerlässliche Elemente spielen für Investoren kaum eine Rolle. „Barrierefreiheit ist in guten Lagen in Rüttenscheid oder im Univiertel für Kapitalanleger noch kein Thema. Das wird sich künftig ändern“, so Pásztor. Aber auch die Energiebilanz des Objekts ist für die meisten Käufer kaum von Interesse. Nach einem Energieausweis, so Pásztor, würde sich nicht ein einziger Käufer erkundigen. Die Prioritäten sind vielmehr klar verteilt: Der Investor, so er denn selbst in seine Immobilie einzieht, möchte ein adäquates Umfeld haben: Kurze Wege zum Einkaufen und angstfreies Schlendern in den Abendstunden sind zum Wohlfühlen unverzichtbar. Dass die erhöhte Nachfrage in den kommenden Wochen nachlässt, ist kaum zu erwarten. Dafür dürfte ganz unmittelbar auch die Landesregierung sorgen. Gegen die Stimmen von CDU und FDP wurde bereits am 20. Juli das Gesetz über die Festsetzung des Steuersatzes für die Grunderwerbsteuer verabschiedet. Zum 1. Oktober wird die Steuer von 3,5 auf fünf Prozent angehoben.
Beim Kauf eines Objekts im Wert von 800.000 Euro werden statt bisher 28.000 Euro künftig 40.000 Euro Grunderwerbsteuer fällig. Auch deshalb rechnen die RDM-Experten für die nächsten Wochen mit einer konstant hohen Nachfrage.