Essen.
Bei dem wechselhaften Hoch und Tief der Schweizer Franken ist die Stadt Essen vorsichtig beim Ausstieg aus dem Geschäft. Derzeit laufen noch sechs Kredite mit einem Gesamtvolumen von 450 Millionen Schweizer Franken.
Es ist bei dieser Währungs- wie bei einer Wandertour in den Schweizer Bergen: Kaum freut man sich über die schöne Aussicht auf einem halbhohen Wipfel, schon geht’s wieder steil abwärts ins Tal. Als sich die Stadt vor ein paar Wochen anschickte, die drohenden Zig-Millionen-Verluste aus städtischen Krediten in Schweizer Franken zu erklären, freuten sich die Finanzexperten im Rathaus über ein kleines Zwischenhoch des Fränkli um den Kurs von 1,30 je Euro – doch der Bericht für den Rat wurde aufgeschoben, und jetzt haben sie einen weiteren Absatz zur „aktuellen Verschärfung der Euro-Krise“ in das Sieben-Seiten-Papier einfügen müssen: Das Allzeit-Tief ist da.
Kein Wunder, dass Kämmerer Lars Martin Klieve der Politik in einer Vorlage für den Haupt- und Finanz-Ausschuss in der kommenden Woche drei Ausstiegs-Szenarien beschreibt, das liegt der guten Ordnung halber wohl nahe. Also: Aussteigen zum jetzigen Zeitpunkt, wenn man für einen Euro nur 1,20 Schweizer Franken bekommt? Dann müsste die Stadt zu den bislang bereits gebuchten Millionenverlusten Ende des Jahres weitere 12,8 Millionen Euro abschreiben.
Stadt wird wohl schlicht abwarten
Bei einem Ausstieg zum Kurs von etwa 1,24 bliebe es bei dem in der 2010-er Bilanz verbuchten Minus ohne weiteren finanziellen Schaden. Aber das Minus war ja beachtlich. Steigt die Stadt dagegen aus ihren Kredit-Engagements zu einem Euro-in-Franken-Kurs von rund 1,37 aus, dann würde der Kursverlust „nur“ bei 46,2 Millionen Euro anfallen – und die Stadt plus-minus-Null vom Schweizer Kreditausflug zurückkommen. Schließlich bewegt sich der finanzielle Vorteil aller Franken-Kredite, die seit 2002 gemacht wurden, genau in dieser Höhe.
Natürlich könnte man auch jederzeit einen Teil der laufenden Kredite zu bestimmten Kursmarken zurückführen. Damit ließe sich ein Teil der Kursverluste verringern, gleichzeitig würde aber auch der Zinsvorteil entfallen. Derzeit hat die Stadt sechs Franken-Kredite mit einer Laufzeit von jeweils nur knapp zwei Monaten und einem Gesamtvolumen von 450 Millionen Schweizer Franken in ihrem Portfolio: vier bei der NRW-Bank und zwei bei der Landesbank Baden-Württemberg. Die könnte man – zunächst ohne jeden weiteren Kursverlust – verlängern und sich damit weiterhin den günstigeren Zins sichern, denn für einer solche Verlängerung ist kein Umtausch zum Tageskurs nötig.
Man könnte also schlicht abwarten, und genau diese, vor Wochen angedeutete Empfehlung gib die Stadt für die nächste Zeit aus: „Selbst bei kurzfristigen weiteren durch die Finanzkrise verursachten Verschlechterungen“, heißt es, „sollte der Kurs des Schweizer Franken langfristig wieder zu einem ausgeglichenen Niveau zurückfinden“.