Essen. . Wie ein Kleinod den Tod fand: Eine märchenhafte Betrachtung von 47 Jahren JZE mit schwarzen Schafen, schillernden Nachtigallen und schrägen Vögeln.
Es war einmal ein schönes Kind der Stadt, der ganze Stolz der Oberen, ein Liebling des Bürgermeisters Wilhelm Nieswandt. Märchenhafte fünf Millionen Mark teuer war die Gabe an die braven jungen Bürger Essens, die in Scharen kamen. Ein Graf von edlem Geblüt, einer der von Schmettows, Bernhard ward er gerufen, nahm es schützend unter seine väterlichen Fittiche und lehrte es das wahre Leben.
Tugend und Bildung, sie waren damals schon das A und O und laut die Ooohs und Aaahs derer, die einen ersten Blick auf das muntere Geschöpf und seine Gemächer mit dem edel geschliffenen Parkett werfen durften: Ein junges Juwel mit einem alles überstrahlenden Haupt hatte anno 1964 in Holsterhausen das Licht der Welt erblickt. In großen Leucht-Lettern schickte es fortan seine frische Botschaft ins Land: Jugendzentrum war da zu lesen, seht her, was Essen zu bieten hat.
Besucher mit großen Namen
Komme doch der Neid in Neonfarben über euch, ihr elenden Nachbarstädte. Etwas Nagelneues, etwas nie Dagewesenes, etwas Neuerdachtes lockte die Neugierigen an von nah und fern. So pilgerten sie hin zur Papestraße, um einem gewissen, einem irgendwie anderen Lebensgefühl zu huldigen: ein schwarzes Schaf vom Niederrhein war darunter, eine schillernde Nachtigall, geschlüpft im Kanton Thurgau, und ein schriller schräger Vogel mit schwarzem Schopf, dessen Vorfahren im fernen Griechenland flügge geworden waren.
Sie waren von wahrhaft großem Namen und Ansehen, hießen Hanns-Dieter Hüsch, Anneliese Rothenberger und Frank Zappa. Sie alle waren in Essen, wie sie da sangen und tanzten und spotteten, ihre Spuren hinterlassend in den Gästebüchern des Holsterhauser Hauses und in den Gedanken seiner Besucher. Günter Grass war auch da, las am 9. April 1965. Dr. Gustav Heinemann, der Bundespräsident aus Essen, traf sich am 22. Oktober 1965 mit 23 Jugendlichen und ungezählt waren die Besucher, die einen Bochumer, wie er im Buche steht, auf der Kellerbühne erleben durften: Herbert Grönemeyer.
Es waren glanzvolle Zeiten, doch dann kam mit den Dekaden die Krise übers Land, riss große Löcher in das Säckel der Stadt und machte die einst so freigiebigen Oberen unwillig und unwilliger. Sie überließen das in die Jahre gekommene Kleinod seinem Schicksal, ließen es siechen und versetzten ihm am Ende den Gnadenstoß per Ratsbeschluss. Und wurden sie nicht abgewählt, so regieren sie noch heute. Es war einmal ein Jugendzentrum.