Essen-Holsterhausen. .

Die Ausstellung „Freiraum zeigt Freiraum“ zog seit Anfang März 800 Besucher in die ehemalige Lukaskirche. Das Raumproblem der Künstlergruppe, die im vergangenen Jahr das DGB-Haus besetzte, ist aber nur bis Ende April gelöst.

Nein, sie wollen nicht wie die Hausbesetzer aus den 80ern sein. Vielmehr steht die Künstlergruppe „Freiraum 2010“, die im vergangenen Jahr durch die Besetzung des DGB-Hauses für Schlagzeilen sorgte, für eine ganz eigene, zeitgenössische Bewegung. Landauf, landab kämpfen freischaffende Künstler nicht nur an der Ruhr für mehr Raum.

„We need a Revolution“ ist in einem farbenfrohen Schriftzug über dem Eingang der ehemaligen Lukaskirche zu lesen. Wo früher Gebetsbücher aufgeschlagen wurden, werden heute Spraydosen und Pinsel gezückt. Bis die Immobilie an der Planckstraße Ende April zu einem Mehrgenerationenhaus umgebaut wird, hat die betreibende Vewo GmbH den Künstlern die 800-Quadratmeter-Fläche zur Zwischennutzung überlassen. „Freiraum zeigt Freiraum“, heißt die Ausstellung, die seit ihrer Eröffnung Anfang März schon 800 Besucher anzog. Der Titel trifft den Kern - vor lauter freier Entfaltung wird der Betrachter fast erschlagen. Großflächige Graffitis, Videoinstallationen, Fotografien, kleine und große Malereien, Skulpturen - kaum ein Fleck des ehemaligen Gotteshauses ist noch frei von Kunst.

Malen bei Minusgraden

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Von DerWesten

Für Joscha Hendricksen, Sprecher der Freiraum-Gruppe, ist die ehemalige Kirche ein zweites Zuhause geworden. „Dabei war alles so schön unkompliziert. Uta Trapp von der Vewo hat uns den Schlüssel in die Hand gedrückt und es konnte losgehen“, sagt der 28-Jährige. Anfang Dezember begannen etwa 25 Künstler mit ihren Arbeiten, teilweise bei eisigen Temperaturen von minus vier Grad. Die Ausstellung gebe den Künstlern Gelegenheit, sich unter Beweis zu stellen, sagt Hendricksen. „Ich glaube, dass uns einige Menschen in dieser Stadt nicht zutrauen, ein Haus in Eigenverantwortung zu bespielen“, bedauert er.

Dabei sind die Musiker, Künstler, Fotografen, Tänzer und Schauspieler, die die Räume zurzeit nutzen, „keine Anarchisten“, sagt Hendricksen überspitzt. Folkwang-Designstudenten, Absolventen der Kunstakademie Kupferdreh, Mitglieder der DJ-Kombo „Beatplantation“: Mittlerweile ist es ein ganzes Konglomerat aus jungen kreativen Menschen, das sich mit „Freiraum 2010“ lose vernetzt hat. Potenzial, das nach Meinung von Hendricksen verkannt wird: „Junge Künstler haben hier kaum Perspektiven und wandern ab. Sie werden nicht als Standortfaktor gesehen.“ So wachse eine Künstlergeneration heran, „die sich nur noch auf DIN-A4-Format verwirklichen kann.“

Kirche bietet Freiraum

Joscha Hendricksen ist Sprecher der Künstlergruppe
Joscha Hendricksen ist Sprecher der Künstlergruppe "Freiraum", die die ehemalige Lukaskirche in Holsterhausen gestaltete. Foto: Oliver Müller © WAZ FotoPool
"Freiraum zeigt Freiraum" heißt die Ausstellung, die noch bis zum 26. März in der ehemaligen Lukaskirche zu sehen ist. Foto: Oliver Müller / WAZ FotoPool © WAZ FotoPool
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"Freiraum zeigt Freiraum" heißt die Ausstellung, die noch bis zum 26. März in der ehemaligen Lukaskirche zu sehen ist. Foto: Oliver Müller / WAZ FotoPool © WAZ FotoPool
"Freiraum zeigt Freiraum" heißt die Ausstellung, die noch bis zum 26. März in der ehemaligen Lukaskirche zu sehen ist. Foto: Oliver Müller / WAZ FotoPool © WAZ FotoPool
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Auch das Gespräch mit Dieter Gorny, Kulturdirektor der Ruhr.2010, blieb relativ folgenlos. Kulturdezernent Andreas Bomheuer bemerkte im Kulturbeirat der Stadt Essen, in dem auch Hendricksen Mitglied ist, dass es „nicht möglich sei, jeder Generation ein Kunsthaus zu errichten“. „Das mag stimmen, verschließt aber die Augen vor den zahlreichen Leerständen, die die Stadt Essen verwaltet“, kritisiert Hendricksen. Er könnte sich etwa vorstellen, eine der demnächst schließenden Schulen als Kunsthaus zu nutzen. Kritikern, die die Gruppe ins Unperfekthaus stecken wollen, entgegnet Hendricksen: „Der Platz würde nicht ausreichen. Außerdem entspricht es nicht unserem Ideal. Wir wollen ein Haus in Selbstverwaltung bewirtschaften.“ Bis Ende April läuft die Zwischennutzung an der Planckstraße. Wo sich die Künstler anschließend verwirklichen, steht in den Sternen.