Holsterhausen. .

Wo früher Gottesdienste abgehalten wurden, hat sich eine Oase der Kunst entwickelt: Die Gruppe „Freiraum“ nutzt die profanierte, ehemals evangelische, Lukaskirche als Arbeits- und Atelierraum.

Großformatige Wandbemalungen zeugen von der Kreativität der jungen Künstler. Der Eigentümerin des Gebäudes, die Vewo-Wohnungsverwaltung, hat ihnen das Kirchengebäude an der Planckstraße zur Zwischennutzung überlassen - bis voraussichtlich im März der Abriss beginnt. Auf dem Gelände soll ein Generationenprojekt mit Kindergarten, Seniorenwohngemeinschaft, Büro- und Seminarräumen entstehen.

Viel Zeit bleibt den „Freiraum“-Künstlern, einer Gruppe von gut 20 Frauen und Männern zwischen 20 bis 30 Jahren, also nicht. Seit Anfang Dezember arbeiten sie an der Planckstraße. „Drei, vier Monate sind nicht lang, aber besser als nichts“, erklärt Joscha Hendricksen. Für Aufmerksamkeit hatte die Gruppe im vergangenen Sommer gesorgt, als sie für 72 Stunden das DGB-Haus in der Innenstadt besetzte, um auf fehlende Arbeits- und Entfaltungsmöglichkeiten für Nachwuchskünstler aufmerksam zu machen. „Das DGB-Haus war und ist unser Wunschobjekt, weil es von Größe und Lage optimal passt. Wir haben auch weiter versucht, da etwas zu erreichen, aber es bewegt sich nichts“, sieht Hendricksen die Bemühungen als gescheitert an.

Er und seine Mitstreiter, oft Studenten oder Künstler ganz am Anfang der Karriere, die sich die Anmietung teurer Räume nicht leisten können, sind enttäuscht von der Stadt. „Wir haben akuten Raumbedarf und es gibt zahlreiche Leerstände. Warum lässt man junge Kreative nicht dort arbeiten?“ fragen sich die „Freiraum“-Künstler.

Neben großen Räumen - „wir wollen ja auch mal Objekte schaffen, die nicht durch eine normale Tür passen“ - gehe es auch um die Möglichkeit, gemeinsam zu arbeiten, sich auszutauschen und zu vernetzen, betont Künstlerin Rosh Zeeba, die besonders die Gespräche mit den Kollegen schätzt. Jeden Tag sind einige der Kreativen vor Ort, nutzen die Zeit, die ihnen in Holsterhausen noch bleibt. Ihr Ziel ist es, qualitativ anspruchsvolle Arbeit zu leisten. „Der Austausch gibt uns die Chance, uns künstlerisch weiterzuentwickeln“, sagt Hendricksen.

Dass die Vewo nach der Aktion im Sommer auf die Gruppe zugekommen sei und die Lukaskirche gegen die Zahlung von Nebenkosten unbürokratisch zur Verfügung gestellt habe, sieht Hendricksen als positive Ausnahme. „Das hat uns überrascht und gefreut.“ Bevor sie die Kirche wieder verlassen müssen, wollen die jungen Künstler sich und ihre Werke, vielleicht mit einer Lesung oder Musik, noch einmal der Öffentlichkeit vorstellen - wohl auch in der Hoffnung, dass ihnen jemand Räume zum kleinen Preis für die Zukunft anbietet.

Rund 200 Quadratmeter, heizbar und mit dem Nahverkehr gut zu erreichen, wünschen sich die Künstler - ganz gleich, ob in einer alten Kirche, in Lagerhallen oder Industriegebäuden. „Flächen gibt es eigentlich genug, nur der Wille fehlt hier in Essen irgendwie, so dass immer mehr Künstler der Stadt den Rücken kehren“, sagt Hendricksen. „Hätten wir einen festen Standort, könnten wir Öffnungszeiten einführen, den Bürgern Tipps geben, quasi Dienstleistungen anbieten“, erklärt Rosh Zeeba.

Kontakt über die Homepage: www.freiraum2010.de